Schrittmacher für die Seele
Neuroprothesen gehören zu den technisch spannendsten und hilfreichsten Systemen in der Medizin. Bei der Tiefenhirnstimulation werden kleinste Elektroden ins menschliche Gehirn implantiert und dann mit Strom angesteuert. Sie sollen Menschen helfen, die unter extremen Bewegungsstörungen oder psychischen Störungen leiden.
Der Kopf des Patienten wird mit einem Ring fixiert, sodass er sich nicht mehr bewegen kann. Dann wird ein kleines Loch in den Schädel gebohrt. Die Patienten sind nur örtlich betäubt und bei Bewusstsein wenn der Neurochirurg Volker Sturm sich mit einer hauchdünnen Sonde den Weg durch ihr Gehirn bahnt, um in der Tiefe des Organs winzige Elektroden zu implantieren.
"Tiefenhirnstimulation ist ein Verfahren mit dem man durch ganz schwache elektrische Impulse, die gezielt in tiefe Hirnregionen abgegeben werden fehlgesteuerte Hirnaktivität nun wieder auf normalen Wert bringen kann und damit eben bestimmte Erkrankungen, die ansonsten nicht mehr behandelbar sind, noch effektiv therapieren kann."
Volker Sturm ist der Pionier der Tiefenhirnstimulation. Der Direktor der Kölner Universitätsklinik für Stereotaxi und funktionelle Neurochirurgie ist auch Inhaber des bundesweit einzigen Lehrstuhls für dieses Fach. Stereotaxie ist eine Operationsmethode, nach der der Chirurg mit Hilfe von Kernspinn- und Röntgenaufnahmen sowie der Computertomographie jeden beliebigen Punkt im Gehirn präzise erreichen kann.
"Dann hat man die ganze Information im Rechner und legt dann am Computerbildschirm fest, wo man hinmöchte, in der Tiefe des Gehirns und simuliert dann die Operation am Bildschirm, verfolgt den Sondenverlauf in jeder Schicht und kann dann ganz sicher sagen, dass man eben kein Gefäß trifft. Das ist das Prinzip."
Dabei werden die Elektroden an die Gehirnzellen angedockt, die durch den Defekt aus dem Takt geraten sind. Rund 900 solcher Operationen werden in Köln jedes Jahr durchgeführt. Damit liegt Volker Sturm mit seinem Team an der Weltspitze. Die meisten Erfahrungen mit der Tiefenhirnstimulation gibt es bei der Behandlung von Parkinsonpatienten und Menschen, die unter so starkem Zittern leiden, dass der Alltag eine Qual für sie wird.
"Und schließlich, das ist ein Gebiet das immer wichtiger wird aber noch relativ neu ist, das sind schwerste psychiatrische Krankheiten."
Menschen, die sich zum Beispiel die Haut blutig schrubben, weil sie sich zwanghaft waschen müssen, profitieren sehr von der Tiefenhirnstimulation. Neuerdings werden auch Patienten mit schwersten Depressionen mit Elektroden im Gehirn versorgt. Über einen Hirnschrittmacher, der ähnlich einem Herzschrittmacher unter die Haut am Brustbein eingesetzt wird, werden die Elektroden angesteuert. Das ist das Spezialgebiet von Doris Lenartz, Fachärztin für Neurochirurgie an der Kölner Uniklinik.
"Im Prinzip sieht dieses Programmiergerät aus wie die Fernsteuerung eines Fernsehers oder CD-Players. Das wird einfach auf die Brust drauf gehalten. Über ein Lichtsignal weiß man, dass man an der richtigen Stelle ist. Patient verspürt in dem Moment überhaupt nichts, keinen Schmerz, kein Kribbeln, gar nichts. Und man kann so die Einstellungen dann verändern."
Langsam wird, zum Beispiel bei Parkinsonpatienten, die Strommenge erhöht, bis eine Wirkung eintritt.
"Ich kann direkt sehen, zittert die Hand noch oder nicht. Und sobald die Hand aufgehört hat zu zittern, weiß ich, jetzt sind wir bei der richtigen Stromstärke."
Wie ein Dimmer das Licht einer Glühbirne herunterregelt, so löscht der Strom die überschüssigen Impulse im Gehirn. Maximal zehn Volt kann die Ärztin verabreichen, meist reichen aber rund drei Volt, um eine Besserung oder gar ein völliges Verschwinden der Beschwerden zu erzielen.
"Am faszinierendsten fand ich die ersten Einstellungen bei Parkinsonpatienten. Das hat einer der ersten Patienten, die ich kennen gelernt hab, so beschrieben, dass er plötzlich aus einem Käfig, aus einer Zwangsjacke befreit wurde und sich wieder frei ohne Hilfe bewegen kann."
Solch direkte Erfolge sind bei den psychiatrischen Patienten nicht zu beobachten. Bei ihnen findet Doris Lenartz die richtige Strommenge durch vorsichtiges Herantasten und Gespräche mit den Patienten.
"Das kann man dann nur daraus ersehen, wie die Patienten plötzlich berichten, dass sich ihr Leben wieder verändert hat, dass sie sich wieder aufs Leben konzentrieren können. Das ist auch sehr, sehr beeindruckend. Also wir hatten bislang von den psychiatrisch operierten Patienten keinen, bei dem es nicht geholfen hat."
Die Tiefenhirnstimulation gilt als minimal invasives Verfahren, also als eine Therapie, die den Patienten nur gering belastet, sagt Volker Sturm.
"Und durch die Behandlung selbst werden die betroffenen Hirnzellen, die man mit diesen schwachen Strömen erreicht, das ist ein Areal von maximal 4mm im Durchmesser, eben nicht geschädigt. Das ist eben das ganz neue bei diesem Verfahren. Auch nach vieljähriger Stimulation sind die Zellen noch intakt und das einzige was eigentlich passieren kann, ist das es nichts hilft."
Doch dem Spezialisten ist die besondere ethische Dimension der Tiefenhirnstimulation gerade bei der Behandlung von psychischen Leiden sehr bewusst.
"Bis in die 60er Jahre wurden viele, viele Patienten mit allen möglichen psychiatrischen Erkrankungen, denen hat man einfach die Verbindung zwischen Stirnhirn und tiefliegenden Kerngebieten durchtrennt, mit nem Messer durchtrennt und hat dadurch viele, viele Patienten geschädigt. Das ist Gott sei Dank Vergangenheit, aber das schärft natürlich das Bewusstsein dafür, wie vorsichtig man mit diesem Thema umgehen muss, und man darf eben nur dann Patienten operieren, wenn nun medikamentös und psychotherapeutisch überhaupt nichts geht."
Universitätsklinikum Köln
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Uniklinik Bonn
Kompetenznetz Parkinson
"Tiefenhirnstimulation ist ein Verfahren mit dem man durch ganz schwache elektrische Impulse, die gezielt in tiefe Hirnregionen abgegeben werden fehlgesteuerte Hirnaktivität nun wieder auf normalen Wert bringen kann und damit eben bestimmte Erkrankungen, die ansonsten nicht mehr behandelbar sind, noch effektiv therapieren kann."
Volker Sturm ist der Pionier der Tiefenhirnstimulation. Der Direktor der Kölner Universitätsklinik für Stereotaxi und funktionelle Neurochirurgie ist auch Inhaber des bundesweit einzigen Lehrstuhls für dieses Fach. Stereotaxie ist eine Operationsmethode, nach der der Chirurg mit Hilfe von Kernspinn- und Röntgenaufnahmen sowie der Computertomographie jeden beliebigen Punkt im Gehirn präzise erreichen kann.
"Dann hat man die ganze Information im Rechner und legt dann am Computerbildschirm fest, wo man hinmöchte, in der Tiefe des Gehirns und simuliert dann die Operation am Bildschirm, verfolgt den Sondenverlauf in jeder Schicht und kann dann ganz sicher sagen, dass man eben kein Gefäß trifft. Das ist das Prinzip."
Dabei werden die Elektroden an die Gehirnzellen angedockt, die durch den Defekt aus dem Takt geraten sind. Rund 900 solcher Operationen werden in Köln jedes Jahr durchgeführt. Damit liegt Volker Sturm mit seinem Team an der Weltspitze. Die meisten Erfahrungen mit der Tiefenhirnstimulation gibt es bei der Behandlung von Parkinsonpatienten und Menschen, die unter so starkem Zittern leiden, dass der Alltag eine Qual für sie wird.
"Und schließlich, das ist ein Gebiet das immer wichtiger wird aber noch relativ neu ist, das sind schwerste psychiatrische Krankheiten."
Menschen, die sich zum Beispiel die Haut blutig schrubben, weil sie sich zwanghaft waschen müssen, profitieren sehr von der Tiefenhirnstimulation. Neuerdings werden auch Patienten mit schwersten Depressionen mit Elektroden im Gehirn versorgt. Über einen Hirnschrittmacher, der ähnlich einem Herzschrittmacher unter die Haut am Brustbein eingesetzt wird, werden die Elektroden angesteuert. Das ist das Spezialgebiet von Doris Lenartz, Fachärztin für Neurochirurgie an der Kölner Uniklinik.
"Im Prinzip sieht dieses Programmiergerät aus wie die Fernsteuerung eines Fernsehers oder CD-Players. Das wird einfach auf die Brust drauf gehalten. Über ein Lichtsignal weiß man, dass man an der richtigen Stelle ist. Patient verspürt in dem Moment überhaupt nichts, keinen Schmerz, kein Kribbeln, gar nichts. Und man kann so die Einstellungen dann verändern."
Langsam wird, zum Beispiel bei Parkinsonpatienten, die Strommenge erhöht, bis eine Wirkung eintritt.
"Ich kann direkt sehen, zittert die Hand noch oder nicht. Und sobald die Hand aufgehört hat zu zittern, weiß ich, jetzt sind wir bei der richtigen Stromstärke."
Wie ein Dimmer das Licht einer Glühbirne herunterregelt, so löscht der Strom die überschüssigen Impulse im Gehirn. Maximal zehn Volt kann die Ärztin verabreichen, meist reichen aber rund drei Volt, um eine Besserung oder gar ein völliges Verschwinden der Beschwerden zu erzielen.
"Am faszinierendsten fand ich die ersten Einstellungen bei Parkinsonpatienten. Das hat einer der ersten Patienten, die ich kennen gelernt hab, so beschrieben, dass er plötzlich aus einem Käfig, aus einer Zwangsjacke befreit wurde und sich wieder frei ohne Hilfe bewegen kann."
Solch direkte Erfolge sind bei den psychiatrischen Patienten nicht zu beobachten. Bei ihnen findet Doris Lenartz die richtige Strommenge durch vorsichtiges Herantasten und Gespräche mit den Patienten.
"Das kann man dann nur daraus ersehen, wie die Patienten plötzlich berichten, dass sich ihr Leben wieder verändert hat, dass sie sich wieder aufs Leben konzentrieren können. Das ist auch sehr, sehr beeindruckend. Also wir hatten bislang von den psychiatrisch operierten Patienten keinen, bei dem es nicht geholfen hat."
Die Tiefenhirnstimulation gilt als minimal invasives Verfahren, also als eine Therapie, die den Patienten nur gering belastet, sagt Volker Sturm.
"Und durch die Behandlung selbst werden die betroffenen Hirnzellen, die man mit diesen schwachen Strömen erreicht, das ist ein Areal von maximal 4mm im Durchmesser, eben nicht geschädigt. Das ist eben das ganz neue bei diesem Verfahren. Auch nach vieljähriger Stimulation sind die Zellen noch intakt und das einzige was eigentlich passieren kann, ist das es nichts hilft."
Doch dem Spezialisten ist die besondere ethische Dimension der Tiefenhirnstimulation gerade bei der Behandlung von psychischen Leiden sehr bewusst.
"Bis in die 60er Jahre wurden viele, viele Patienten mit allen möglichen psychiatrischen Erkrankungen, denen hat man einfach die Verbindung zwischen Stirnhirn und tiefliegenden Kerngebieten durchtrennt, mit nem Messer durchtrennt und hat dadurch viele, viele Patienten geschädigt. Das ist Gott sei Dank Vergangenheit, aber das schärft natürlich das Bewusstsein dafür, wie vorsichtig man mit diesem Thema umgehen muss, und man darf eben nur dann Patienten operieren, wenn nun medikamentös und psychotherapeutisch überhaupt nichts geht."
Universitätsklinikum Köln
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Uniklinik Bonn
Kompetenznetz Parkinson