Schatzsuche entlang verschiedener Stationen

Von Marten Hahn · 22.03.2012
"Geocaching" ist eine Art Schnitzeljagd 2.0, dabei geht es mit einem GPS-Gerät auf Schatzsuche. Die österreichische Autorin Ursula Poznanski ist eine "Geocacherin" und hat sich für ihr neues Buch von ihrem Hobby inspirieren lassen. In ihrem Thriller treibt ein Mörder sein makabres Spiel mit der Polizei.
Umringt von einer kleinen Gruppe Journalisten steht Ursula Poznanski im Salzburger Winter. Mit einem breiten Lächeln beugt sich über ein kleines Gerät mit Bildschirm - ein Navigationsgerät für Fußgänger.

"Das sagt, das sind 140 Meter nach Nordosten ..."

Dicke Schneeflocken landen auf Poznanskis roten Haaren. Die Alpen verschwinden hinter einer grauen Wolkendecke. Die Autorin bezeichnet sich selbst als "Schönwettercacher". Aber ihr Verlag möchte einer Handvoll Journalisten das Geocachen und Poznanskis neuen Roman näher bringen. Und dafür geht sie auch mal bei minus fünf Grad vor die Tür.

"Was haben wir da ..."

Es gilt einen sogenannten Multicache zu knacken - eine Schatzsuche entlang verschiedener Stationen.

"... hinter dem Bildstock befindet sich ein alter Bauernhof. Und rechts über der Eingangstür eine verwitterte Hausnummer."

Jede Station birgt neue Hinweise, die dann zu neuen Koordinaten führen - und am Ende zum Schatz. Schatz - das klingt nach Goldstücken und Kostbarkeiten. In Wirklichkeit ist der Weg das Ziel. Am Ende warten meist Glasmurmeln, Muscheln oder Überraschungseierfiguren auf die Geocacher.

"Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Solange es klein und handlich ist."

Klein und handlich - in Poznanskis Thriller "Fünf" umfasst das auch Ohren und Finger. Im Buch versteckt ein Mörder Leichenteile in den für Geocaching typischen Plastikdosen und schickt Rätsel und Koordinaten an die Salzburger Polizei.

"Da war es tatsächlich so, dass ich mir beim Heben von älteren, verschmutzteren Caches, wo man also durch die Plastikwände schon gar nicht mehr durchsehen kann, mir durchaus überlegt hab: was ist, wenn ich da drin jetzt was total Ekliges finde."

Vor "Fünf" schrieb Poznanski Kinder- und Jugendbücher. In "Erebos", ihrem Jugendbuchdebüt, geht es um ein Computerspiel, das sich in gefährlicher Weise seiner Spieler bemächtigt. Im Nachfolger "Saeculum", wird aus einem mittelalterlichen Rollenspiel tödlicher Ernst. Computerspiele, Rollenspiele, Geocaching ...

"Das ist einerseits schon richtig, dass ich ein verspielter Mensch bin. Ich glaube wir spielen alle gern, bis zu einem gewissen Grad. Und es gibt ja zunehmend auch Erwachsene, die sich dazu bekennen, gern zu spielen."

Die 43-jährige Autorin mag jedoch nicht nur Brett- und Kartenspiele.

"Computerspiele habe ich als Studentin gern gemacht. Das war so toll damals. Erster Computer. Und dann kann man darauf so viele bunte Dinge tun. Ich habe Lemminge gespielt, Nächte hindurch. Und ich habe Diablo damals, einmal durch ... Das wär auch was, wenn da jetzt ein dritter Teil rauskommt, wo ich mich vielleicht doch noch mal hinsetze und es zumindest anspiele."
Das Zocken vor dem heimischen Bildschirm ist jedoch nicht daran schuld, dass sie keins ihrer angefangen Studienfächer abgeschlossen hat. Nach Versuchen in Japanologie, Publizistik, Rechts- und Theaterwissenschaften kam ihr einfach der Job als Medizinjournalistin in die Quere. Als Autorin kommt ihr die Spieleerfahrung jetzt sogar zugute.

"Wie man falsche Fährten legen kann. Das hat schon etwas von einem Strategiespiel. Also vielleicht lebe ich meinen Spieltrieb jetzt im Schreiben aus."

Zum Geocachen kam Poznanski, weil sie ihren Sohn an die frische Luft bringen wollte. Der 12-Jährige ist mittlerweile selbst begeistert von der digitalen Schatzsuche. Auch bei den Recherchen für den Roman begleitete er seine Mutter - auf der Suche nach guten Verstecken für Leichenteile.

"Das waren auch Ausflüge. Ich habe die meisten davon vor Ort mir angesehen und habe eben geguckt, wo ich denn jetzt etwas verstecken würde, wenn ich etwas verstecken wollte. Und bin dann mit meinem Navigationssystem hingegangen und hab mir die Koordinaten genommen."

Poznanski und ihre journalistische Entourage haben mittlerweile die endgültigen Koordinaten in der Nähe eines kleinen Wäldchens erreicht. Literaturkritiker und gestandene Redakteure suchen Baumwurzeln genauso ab wie die kahlen Kronen der Bäume. Schließlich gibt es auch "caches" - also Verstecke - die im Jargon der Geocacher mit JAFT beschrieben werden: "Just another fucking tree" - Wieder nur ein verdammter Baum.

Eine junge österreichische Journalistin der Austria Presse Agentur wird schließlich fündig.

"Ah, tatsächlich ..."

Triumphierend öffnet sie eine quadratische Plastikdose. Österreichische Journalistin:

"Herzlichen Glückwunsch. Du bist fündig geworden. Dieser Behälter ist Teil eines Spiels. Einer Art moderner Schnitzeljagd mit GPS ... "

Und neben der Nachricht im Behälter liegt eine abgehackte menschliche Hand - aus Schaumstoff und Kunstblut.
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