Europäische Union baut Iris²

Eigenes Satelliteninternet soll Infrastruktur schützen

09:29 Minuten
Die Erde gesehen von der ISS mit einem Satellitensystem im Vordergrund, Foto von Alexander Gerst, 2018.
Mehrere hundert bis tausende Satelliten möchte die EU für Iris² in den Orbit verbringen. © picture alliance / Zumapress / ESA
Andreas Knopp im Gespräch mit Katja Bigalke und Tim Wiese |
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In der Ukraine wird es gerade besonders deutlich: Kritische Infrastruktur gilt es zu schützen. Die Europäische Union hat sich mit Iris² vorgenommen, ein eigenes Satellitennetzwerk aufzubauen. Der Forscher Andreas Knopp kennt die Herausforderungen.
Eine schnelle, stabile und sichere Internetverbindung für alle Bürgerinnen und Bürger und alle Unternehmen in Europa: Nicht weniger verspricht sich die Europäische Union von ihrem neuen Satellitenprojekt. Unter dem Namen Iris² will sie bis zum Jahr 2027 ein Netzwerk von Satelliten aufbauen, das auch dazu dienen soll, die kritischen Infrastrukturen besser zu schützen.
„Wir sprechen da von mehreren hunderten bis tausenden Satelliten, die einen erdnahen Orbit, die Erde umkreisen, mit 25.000 km/h, die im Grunde ein Netzwerk aufspannen, mit dem man dauerhaft Internetversorgung sicherstellen kann“, sagt Andreas Knopp, Universitätsprofessor für Satellitenkommunikation und Sprecher des Raumfahrtforschungszentrums "SPACE" an der Universität der Bundeswehr München, wo Pionierforschung zu Technologien für Satelliten-Megakonstellationen, insbesondere für sichere und resliente Kommunikationsverbindungen betrieben wird.

Verwundbarkeit der kritischen Infrastruktur

Jüngste Ereignisse haben gezeigt, wie verwundbar Infrastruktur sein kann. „Ganz eindrücklich gesehen hat man es mit der Flut im Ahrtal, wo durch das steigende Wasser auch Stromversorgungen gekappt werden mussten“, sagt Knopp. Wo kein Strom, da keine Kommunikation. „Da wurde dann zum ersten Mal in jüngster Vergangenheit mit umlaufenden Satelliten die Kommunikation wiederhergestellt.“ Dabei sei deutlich geworden, wie wichtig eine Infrastruktur ist, die unabhängig von terrestrischer Energieversorgung ist.
Im Hinblick auf den Krieg in der Ukraine kommt ein weiteres Problem hinzu. „Da geht es auch darum, ein Netzwerk zu betreiben, dem man vertrauen, mit dem man Informationen an kritische Punkte übertragen kann, wo man eben sicher sein kann, dass diese Information nicht verfälscht wird“, sagt der Forscher. Derzeit stellt Elon Musk mit seinem privatwirtschaftlichen Unternehmen Starlink dort sein Satellitennetzwerk zur Verfügung. Es brauche stabile Verbindungen, um die eigenen Truppen führungsfähig zu halten und die Bevölkerung korrekt zu informieren, und eine parlamentarische Kontrolle. Andreas Knopp ist zuversichtlich, dass dies mit dieser neuen europäischen Satelliten-Konstellation erreicht werden kann.

Vielfältige technische Herausforderungen

Die technischen Herausforderungen sind allerdings vielfältig für Iris², das Schätzungen zufolge 6 Milliarden Euro kosten wird: Das System muss designt, gebaut, in den Orbit gebracht werden. Vergessen werde oft die Bodeninfrastruktur, meint Andreas Knopp, mit Verbindungen etwa zum Militär, zu Polizei und Katastrophenschutz. Und es müsse am Ende auch wirtschaftlich betrieben werden.
Denn neben EU-Kommission und Mitgliedstaaten soll das Projekt auch die Industrie mitfinanzieren. „Wir sprechen da von der nächsten Generation Mobilfunk 6G, was ganz sicher nicht ohne eine Weltraum-Komponente umgesetzt werden wird“, sagt der Wissenschaftler. „Aber wir sprechen auch von autonomem Fahren, von E-Health, von Inflight-Entertainment, also vielen Services, mit denen man schlussendlich eben auch Geld verdienen will und Geld verdienen muss, damit das System funktioniert.“
(cwu)
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