Sachbuch

Die Helden Südafrikas

Desmond Tutu
Rommel Roberts arbeitete mit Entwicklungsbeauftragter Bischof Desmond Tutu zusammen, der 1984 den Friedensnobelpreis erhielt. © picture alliance / dpa/Nic Bothma
Von Arlette-Louise Ndakoze |
Rommel Roberts lässt jene zu Wort kommen, die im Stillen gegen die Apartheit gekämpft haben. Viele gehörten zum Umfeld der christliche Kirchen, denn seit 1960 waren Parteien verboten, die für die Rechte der Schwarzen eingetreten waren.
Südafrika, das war vor allem die Apartheid: jene Diktatur, die Schwarzafrikaner unterdrückte und Weiße privilegierte, 46 Jahre lang. Südafrika, das ist aber auch die Geschichte jener Personen, die für Gerechtigkeit und Frieden im geschundenen Land kämpften.
Zu Symbolen der Widerstandsbewegung wurden Nelson Mandela und Steve Biko. Sie waren aber nicht die einzigen Freiheitskämpfer. Bisher unbekannte Akteure lässt Rommel Roberts aus dem Hintergrund treten, lässt jene zu Wort kommen, die im Stillen gekämpft haben.
Er selbst ist einer von ihnen, war Entwicklungsbeauftragter von Bischof Desmond Tutu, der 1984 den Friedensnobelpreis erhielt, hat die Apartheit am eigenen Leibe erfahren - als Sohn eines weißen Vaters und einer als "indisch" bezeichneten Mutter.
Christliche Lieder spiegelten seine Situation
"Ich erinnere mich, wie ich Opfer verschiedenster Angriffe wegen meiner Rasse wurde. Das ging von einer Ohrfeige bis dazu, getreten und grün und blau geschlagen zu werden, ohne Möglichkeit auf Rechtsschutz."
Dass er nicht mit Gewalt auf Gewalt reagierte, mag an den Menschen gelegen haben, die ihm Barmherzigkeit vorlebten, die den Theologen prägten und darin bestärkten, nicht vor den Greueltaten zu kapitulieren.
Cover - "Wie wir für die Freiheit kämpften" von Rommel Roberts
Cover - "Wie wir für die Freiheit kämpften" von Rommel Roberts© Verlag Lokwort Bern
Seine erste Zeit im Gefängnis war solch ein Moment. Er wurde als Terrorist eingestuft, obwohl man ihm keine Straftat nachweisen konnte. In seiner dunklen Zelle erinnerte er sich an seine Mutter und Sister Mary Baptist, die Schulleiterin der katholischen Grundschule, dachte an ihren und den eigenen Glauben, an christliche Lieder, die seine Situation spiegelten.
Religion zieht sich wie ein roter Faden durch die politische und gesellschaftliche Arbeit der Aktivisten. Er war ja auch allein die Kirche, die damals ihr Anliegen vertreten konnte: Die Apartheid hatte seit 1960 Parteien verboten, die für die Rechte der Schwarzen und Farbigen eingetreten waren, wie den African National Congress (ANC) und den Pan Africanist Congress (PAC).
In den siebziger Jahren sammelte Rommel Roberts in Kapstadt einen Kreis von Unterstützern um sich, darunter Aunt Sue, eine Frau aus einfachen Verhältnissen. Sie entwickelten Strategien, wie sie dagegen vorgehen könnten, dass Schwarze und Farbige fernab der Städte in sogenannten "Homelands" leben mussten.
Denn viele waren, um Arbeit im Ballungsraum zu finden, in Siedlungen am Stadtrand untergekommen. Von dort wurden sie oft auf oft brutale Weise von der Polizei vertrieben. Also brachten Roberts und Sue Tausende von Menschen woanders unter.
Eine weitere Ungerechtigkeit waren die Passgesetze. In Südafrika legal wohnen und arbeiten konnten Schwarze nur in Besitz eines Passes. Diesen bekamen sie aber erst, wenn sie ein Arbeitsverhältnis nachweisen konnten. Wie aber Arbeit finden, wenn man sich im Land nicht aufhalten darf?
Freiheitskämpfer stiegen auf und wurden selbst korrupt
Mit einem öffentlichen Hungerstreik, durch Verhandlungen kirchlicher und politischer Vertreter setzten Rommel Roberts und seine Mitstreiter das Ende der Passgesetze durch. Dass die Verhandlungen friedlich abliefen, war ihnen besonders wichtig.
"Damals wie heute glaube ich, dass die Macht des Geistes die Ziele der Veränderung weit effektiver erreichen kann als physische Macht. In Südafrika wurde der Freiheitskampf größtenteils durch gewaltlose Mittel gewonnen – mindestens zu 90 Prozent.
Genau diese in den vorangegangen Jahren gelegten gewaltlosen Grundlagen haben, wie ich glaube, unseren friedlichen Übergang zur Demokratie 1994 möglich gemacht."
Neue Herausforderungen stellten sich nach dem Ende der Apartheid, als ehemalige Freiheitskämpfer schnell sozial aufstiegen und selbst korrupt wurden. Diese Plage hat auch der African National Congress zu tragen, der in diesem Jahr zwar erneut die Parlamentswahlen gewonnen hat, wegen Korruption aber unverändert in der Kritik steht. Bis heute prangert Rommel Roberts solch ein Verhalten an, gerade weil er sich noch immer für Gerechtigkeit einsetzt.
Seine Porträts der vielen Aktivisten, die ihn begleitet haben – stille Heldinnen und Helden, wie er sie nennt – sind mehr als informativ und doch nicht allzu persönlich. Sie spiegeln Schicksale wider, die das unfertige Puzzle des vergangenen Südafrika mit wertvollen einzelnen Stücken ergänzen. Für Kenner wie für Entdecker der Geschichte Südafrikas sind sie allein deshalb eine Bereicherung.

Rommel Roberts: Wie wir für die Freiheit kämpften -
Von stillen Heldinnen und Helden in Südafrika
Verlag Lokwort Bern, Januar 2014
224 Seiten, 19,90 Euro