Sachbuch

Der Michelangelo des Buches

Von Michael Opitz · 17.04.2014
Als Johann Gutenberg 1450 den modernen Buchdruck erfand, wurde mit Aldo Manuzio ein weiterer Buchpionier geboren. Der druckte - handlich und preiswert - vor allem griechische Autoren, leider kommt er als Hauptfigur in diesem Buch etwas zu kurz.
Dem leidenschaftlichen "Bücherjäger" Poggio Bracciolini, von dem Stephen Greenblatt in seinem Buch "Die Wende. Wie die Renaissance begann" erzählt, stellt Verena von der Heyden-Rynsch mit Aldo Manuzio einen Mann zur Seite, der als "Michelangelo des Buches" gilt. Poggio entdeckte im 15. Jahrhundert Werke griechischer Autoren in den Bibliotheken verschiedener Klöster, Aldo Manuzio machte sich als Drucker in Venedig um die Drucklegung und die Verbreitung von wiederentdeckten Büchern griechischer Autoren verdient. Wenn wir heute wie selbstverständlich von der Renaissance als der Wiedergeburt der Antike sprechen, dann haben die wiedergefundenen und neu herausgegebenen Bücher griechischer Autoren daran einen entscheidenden Anteil.
Johann Gutenberg hatte 1450 – im selben oder ein Jahr zuvor wurde Manuzio geboren – den Buchdruck mit beweglichen Lettern erfunden. Die neue Drucktechnik verbreitete sich schnell in Deutschland und in Italien. Besonders in der weltoffenen, durch den Handel reich gewordenen Stadt Venedig war es leichter, "Drucker als Bäcker" zu werden.
Drucker aus Leidenschaft
Die Serenissima entwickelte sich zu einer Buchmetropole, wie von der Heyden-Rynsch anhand von Zahlen zu belegen weiß. Während 1490 in Florenz nur 300 Bücher gedruckt wurden, waren es in Venedig bereits 2835. Manuzio war Drucker aus Leidenschaft, wobei er durchaus eine didaktische Maxime verfolgte: "Gute Texte machen den Menschen gut, und die besten sind die griechischen." Aus diesem Grund gab er zwischen 1495 und 1498 eine fünfbändige Aristoteles-Werkausgabe heraus, selbstverständlich in griechischen Lettern, denn die Gelehrten lasen nicht nur die Schriften dieses Philosophen im Original. Griechisch wurde auch in der 1502 von Manuzio in Venedig gegründeten Aldinischen Akademie gesprochen, in der mit Strafe rechnen musste, wer gegen das Sprachgebot verstieß.
Den Beinamen "Michelangelo des Buches" erhielt Manuzio, weil er Bücher im Oktavformat, der Größe eines Taschenbuchs, druckte, und als neue Schrifttype die Cursiv-Schrift verwendete. So war es leichter als bei den zuvor üblichen großen Folio-Bänden möglich, Bücher auf Reisen mitzunehmen. Manuzio druckte aber nicht nur handliche und schöne, sondern auch preiswerte Bücher, so dass die Verbreitung des Wissens erleichtert wurde.
Leider tritt in von der Heyden-Rynschs Darstellung die Hauptfigur Manuzio häufig in den Hintergrund. Das ist bedauerlich, denn das schön gestaltete, überaus informative und mit vielen Bildern versehene Bändchen macht auf eine interessante Persönlichkeit aufmerksam. Gern hätte man noch mehr über diesen Pionier des Buchwesens und die von ihm gedruckten Bücher erfahren. Doch die vielen Freunde Manuzios, seine Mitstreiter, etliche Fürsten, Dogen und Päpste, die von der Heyden-Rynsch meint, unbedingt erwähnen zu müssen, versperren den Blick auf einen Mann, der auf dem Gebiet "schwarzen Kunst" ein wahrer Meister war.
Verena von der Heyden-Rynsch: Aldo Manuzio. Vom Drucken und Verbreiten schöner Bücher
Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2014
147 Seiten, 15,90 Euro
Mehr zum Thema