Wie können die Kriegsenkel das Trauma überwinden?
Mit Büchern wie "Kriegsenkel" und "Die vergessene Generation" wurde sie bekannt. Am 70. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges sprachen wir mit Sabine Bode über die traumatischen Kindheitserlebnisse der in den 30er- und 40er-Jahren Geborenen und die Folgen für deren Nachkommen.
In "Kriegsenkel" zeigt Sabine Bode, welche Folgen die Erfahrungen von Nationalsozialismus, Krieg, Flucht und Vertreibung noch für die nachfolgenden Generationen haben. Heute um die 40- bis 50-Jährige berichten von einem Gefühl der inneren Leere, Abkapselung und Heimatlosigkeit, von Beziehungsproblemen und der Unmöglichkeit, sich von ihren Eltern abzunabeln.
Die Journalistin und Autorin, die auch Seminare zu dem Thema veranstaltet, sagt: "Die meisten Familien wissen nicht, dass das Päckchen, das sie mit sich herumtragen, aus dieser Zeit stammt."
Es gebe jede Menge Schuld, Scham und Sprachlosigkeit, aber keiner könne sie zuordnen. So hat sie es auch in ihrer eigenen Familie erlebt: Ihr Vater leitete einen Rüstungsbetrieb in Oberschlesien, unweit eines Außenlagers des Konzentrationslagers Auschwitz – geredet wurde darüber nicht. Sie musste diesem verdrängten Teil der Familiengeschichte nachgehen. Ihre Überzeugung ist: "Wer seine eigene Identität nicht geklärt hat, ist nicht frei."
Nationalsozialismus-Overkill in der Schule
Das spezielle Problem der Kriegsenkel sei also eine "Überfütterung mit Fakten über den Nationalsozialismus" im Schulunterricht und in den Medien – bei gleichzeitiger Vernachlässigung, was eine ehrliche Aufarbeitung der eigenen Familiengeschichte anbelange. "Sie haben dann irgendwann einfach abgeschaltet." Der NS-Overkill – die in bester Absicht in den Lehrplan der Schulen gebrachte Informations-Überflutung mit NS-Themen – sei zu viel des Gutgemeinten gewesen. Die Kultusministerien hätten damit dem Schweigen in den Familien etwas entgegen setzen wollen.
Dennoch: Die Enkel-Generation "ist die erste Generation, die die Chance hat, das Trauma zu beenden", sagt Bode. Doch ohne eine Auseinandersetzung mit der eigenen Familie sei dies nicht möglich.