Russlands Rolle in Aleppo

Ein leicht durchschaubares und abstoßendes Manöver

Rauch und Feuer im Südosten Aleppos.
Rauch und Feuer im Südosten Aleppos. © AFP/Stringer
Von Gesine Dornblüth · 14.12.2016
Es ist die immer gleiche dreiste Diskrepanz zwischen Worten und Taten: Die russische Regierung sagt das eine und tut das andere, kommentiert Gesine Dornblüth. Sie werfe Bomben und zünde zugleich Nebelkerzen.
Zynischer hätte der Zeitpunkt nicht gewählt werden können. In Aleppo bombt Assad mit russischer Hilfe die letzten Reste der Stadt zu Trümmern. Menschen sterben. Zehntausende irren durch die Ruinen. Medien berichten von einem Massaker der syrischen Armee an mehr als achtzig Zivilisten, darunter Frauen und Kinder.
Zugleich gibt der Vertreter Russlands bei der EU der Zeitung "Die Welt" ein Interview und schwadroniert von Partnerschaft, von militärischer Zusammenarbeit sogar. Es sei vorstellbar, dass sich die russische Armee an EU-Operationen im Ausland beteilige. Die EU solle an den Verhandlungstisch zurückkommen.

Verantwortungslose Wirklichkeitsflucht

Es ist die immer gleiche dreiste Diskrepanz zwischen Taten und Worten. Die russische Regierung sagt das eine und tut das andere. Sie wirft Bomben und zugleich Nebelkerzen, und westliche Politiker, Diplomaten und auch Medien greifen diese in einer verantwortungslosen Wirklichkeitsflucht dankbar auf – zu schön wäre es ja auch, wenn man Konflikte einfach vergessen und zur Tagesordnung übergehen könnte.
Hatte Russlands Botschafter bei den Vereinten Nationen nicht gestern Abend bereits ein Ende der Kämpfe in Aleppo verkündet? Das langersehnte? Man wollte aufatmen. So wie beim OSZE-Gipfel letzte Woche, als Außenminister Lawrow den Chefdiplomaten der Welt mitteilte, man habe sich auf eine Waffenruhe geeinigt. War dann doch nicht so.

Russland stellt sich als Friedensbringer dar

Russland investiert viel, um sich als Friedensbringer in Syrien darzustellen, als Weltmacht, die den Terror stoppt, die den Menschen hilft, die sogar das Weltkulturerbe in der Oasenstadt Palmyra gerettet hat. Aus dem supermodernen Informationszentrum des Verteidigungsministeriums schickt es Hochglanzbilder in die Welt. Im Mai spielte sogar das Petersburger Marijnskij Theater in Palmyra auf.
Das war heiße Luft, buchstäblich. Vor wenigen Tagen haben die Terrormilizen des IS Palmyra zurückerobert. Ein herber Schlag gegen Russland, offenbarte er doch ein weiteres Mal, dass das russische und das syrische Militär sich eben nicht auf den Kampf gegen den IS konzentrieren, sondern darauf, Regimegegner zu töten. Die Art, wie Russland den Image-Schaden zu begrenzen suchte, war wiederum an Zynismus nicht zu überbieten: Die Rückkehr des IS nach Palmyra habe gezeigt, so ein Militärsprecher, dass Feuerpausen nur dazu dienen, dass Terroristen sich neu gruppieren. Deshalb seien sie generell falsch.

Keine Alternative zur sofortigen Waffenruhe

Es gibt seit langem keine Alternative zu einer sofortigen Waffenruhe. Russland hat sich mit seinem mörderischen Vorgehen in Aleppo längst disqualifiziert. Wenn der russische Botschafter gerade jetzt von Kooperation mit der EU redet, auch noch im militärischen Bereich, dann ist das ein leicht durchschaubares und abstoßendes Ablenkungsmanöver.
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