Russland

Warum versetzt Putin seinen Vertrauten Iwanow?

Russlands Präsident Wladimir Putin (l.) sitzt neben seinem bisherigen Stabschef Sergej Iwanow.
Wladimir Putin (l.) und Sergej Iwanow. © dpa / RIA Novosti / Dmitry Astakhov
Von Gesine Dornblüth · 12.08.2016
Russlands Präsident hat sich von Sergej Iwanow getrennt, dem Leiter der Kreml-Verwaltung − der Beamte galt als dessen enger Vertrauter. Die Politologin Jekaterina Schulman vermutet, dass die alte Clique der Putin-Freunde sich langsam auflöst.
Der Wechsel kam unerwartet. Sergej Iwanow gilt als ein enger Vertrauter von Präsident Wladimir Putin. Beide stammen aus St. Petersburg, dienten dort gemeinsam im sowjetischen Geheimdienst KGB. Der 63-Jährige war Verteidigungsminister und stellvertretender Regierungschef unter Putin. Die Präsidialadministration leitete er seit Ende 2011.
Putin empfing Iwanow vor laufenden Fernsehkameras, lobte dessen Arbeit und sagte, Iwanow habe selbst um seine Entlassung gebeten. "Ich erinnere mich gut an unsere Absprachen. Sie haben darum gebeten, nicht länger als vier Jahre an der Spitze der Präsidialverwaltung zu arbeiten. Ich verstehe Ihren Wunsch, das Aufgabenfeld zu wechseln", sagte Putin.
Verjüngung der Eliten?
Zum Nachfolger Iwanows bestimmte Putin dessen bisherigen Stellvertreter Anton Wajno. Der Diplomat arbeitet bereits seit fast 15 Jahren in Putins engem Umfeld und war meist für das Protokoll des Kreml zuständig. Wajno ist 44 Jahre alt. Einige Experten sehen in dem Wechsel denn auch ein Zeichen dafür, dass Putin die Eliten Schritt für Schritt verjüngt.
Der kremlnahe Politologe Dmitrij Abzalow meint, Putin gehe es um mehr Effizienz in den Abläufen. "Die Präsidialverwaltung ist ein riesiger Machtmechanismus, und gerade vor der kommenden Präsidentenwahl 2018 wird die Arbeit immer intensiver. Wajno ist auf den Terminplan Putins spezialisiert. Er ist ein klassischer Technologe. Mit seiner Ernennung kann der Apparat schneller arbeiten. Davon wird der Erfolg des Präsidenten abhängen.
Vier Gouverneure ausgetauscht
Vor zwei Wochen hatte Putin schon einmal mit Personalentscheidungen für Aufsehen gesorgt. An einem Tag tauschte er gleich 15 hohe Regierungsbeamte aus, darunter vier Gouverneure. Auch das wurde mit dem Wunsch nach effizienterem Regierungshandeln begründet. Einige Beobachter sprachen hingegen von dem Versuch Putins, sich mit loyalen Personen aus seinem nächsten Umfeld zu umgeben.
Der entlassene Stabschef Sergej Iwanow wird nun Sonderbeauftragter des Präsidenten für Umwelt und Verkehr. Zugleich bleibt er Mitglied im einflussreichen Nationalen Sicherheitsrat. Der Oppositionspolitiker Leonid Gozman zweifelt, dass Iwanow aus freien Stücken gegangen ist. Er fragt auf Facebook: "Womit wohl hat Iwanow Putin so erzürnt, dass der ihn auf einen so demonstrativ lächerlichen Posten versetzt?"
Bereits vor einem Jahr hatte Putin einen anderen engen Vertrauten aus Petersburger Zeit geschasst: Den langjährigen Chef der Eisenbahn, Wladimir Jakunin. Die Politologin Jekaterina Schulman geht davon aus, dass die alte Clique der Putin-Freunde sich langsam auflöst. "Das ist aber keine Elitenspaltung und auch keine Meuterei. Da spitzt sich einfach der Wettbewerb um einen kleiner werdenden Kuchen zu. Da zählen alte Freundschaften nicht mehr, da kämpft jeder gegen jeden. Und der Präsident tritt als Moderator auf. Er balanciert die Kräfte aus", sagt Schulman. Welche Kräfte allerdings genau gegeneinander kämpfen, und wer zurzeit welchen Einfluss hat, bleibt den Kreml-Astrologen überlassen.
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