Ukraine-Konflikt

Ein gefährliches Spiel

08:06 Minuten
Die Flaggen von Russland und der Ukrainie wehen vor einem blauen Himmel.
Einen Ausweg aus der Russland-Ukraine-Krise zu finden, wird schwer, sagt der Politikwissenschaftler Johannes Varwick. © picture alliance / Zoonar / Leonid Altman
Johannes Varwick im Gespräch mit Liane von Billerbeck · 10.01.2022
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In Genf verhandeln Russland und die USA über eine Lösung des Ukrainekonflikts. Doch die Verhandlungen haben keine gute Basis, meint Politologe Johannes Varwick, da sie erst unter militärischem Druck zustande gekommen sind.
In Genf kommen heute Vertreter der USA und Russlands zusammen, um im Ukraine-Konflikt zu verhandeln. Am Mittwoch will sich der NATO-Russland-Rat in Brüssel damit befassen - bevor es am Donnerstag in Wien mit Gesprächen im Rahmen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) weitergeht. Das russische Kalkül, Verhandlungen mit militärischen Mitteln zu erzwingen, sei damit "ein Stück weit" aufgegangen, sagt Johannes Varwick, Professor für internationale Beziehungen und europäische Politik an der Universität Halle-Wittenberg.

Kein Kontakt auf Augenhöhe

Dass es so weit gekommen ist, liegt Varwick zufolge auch daran, "dass der Westen bisher nicht bereit gewesen ist, mit Russland auf Augenhöhe zu reden". Moskau warne die NATO seit vielen Jahren vor einem Heranrücken an sein Territorium - das Verteidigungsbündnis habe dies jedoch immer als unberechtigt abgetan.

Wir haben die russische Perzeption nicht verstanden. Und jetzt sind wir in der bedauerlichen Situation, dass mit der Androhung militärischer Gewalt Verhandlungen in Gang gekommen sind. Das ist eigentlich eine sehr, sehr schlechte Lehre für die internationale Politik.

Gefährliches Spiel der Russen

Es seien viele Fehler gemacht worden, so der Politikwissenschaftler. Im Jahr 2008 etwa habe es den Medwedew-Plan mit ähnlichen Forderungen wie heute gegeben - und der Westen habe nicht oder nur sehr kühl darauf reagiert.
Russland habe daraus die Lehre gezogen, dass es ohne Druck keine Gespräche gebe. Aus Sicht Varwicks ein gefährliches Spiel: "Ob diese Strategie der Russen aufgeht, ist zweifelhaft, weil jetzt alle ihre roten Linien markieren, und das ist keine gute Basis für Verhandlungen. Ich bin nicht so optimistisch, dass da etwas Gutes bei herauskommt."

Die Gegenperspektive einnehmen

Varwick warnt ausdrücklich vor einer Konstellation, in der die Kontrahenten möglicherweise sogar "unbeabsichtigt in einen Krieg hineinschlittern". Doch auch wenn die Probleme komplex seien - der Anfang sei nun gemacht.
Für künftige Konflikte könne man aus der momentanen Situation lernen, dass es erforderlich sei, frühzeitiger und ernsthafter miteinander zu reden. Außenpolitik heiße immer auch, sich in die Perspektive der anderen zu versetzen: "Das haben wir ein Stück weit verlernt. Das steht jetzt an."
(ckü)

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