Russland

Der widersprüchliche Umgang mit der stalinistischen Vergangenheit

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Denkmal für die Opfer des sowjetischen Terrors "Mauer der Trauer" des Bildhauers Georgi Franguljan in der russischen Hauptstadt Moskau © picture alliance / Emile Alain Ducke/dpa
Irina Sherbakowa im Gerspräch mit Ute Welty |
Mit einer "Mauer der Trauer" gedenkt Russland seit heute den Opfern des Stalinismus. Doch es entstehen im Land auch immer wieder neue Stalin-Denkmäler. Wie geht das zusammen? Das haben die Historikerin und Menschenrechtlerin Irina Sherbakowa gefragt.
Der Umgang mit der stalinistischen Vergangenheit ist im heutigen Russland ein heikles und kontroverses Thema: Nachdem es anfangs ein Bedürfnis gab, die Geschichte aufzuarbeiten, wird von manchen inzwischen wieder ein regelrechter Stalin-Kult betrieben.

Putin nimmt an der Denkmalsenthüllung teil

Doch jetzt gedenkt Russland offiziell mit einer Wand der Trauer der Opfer der politischen Repression der Sowjetära, vor allem der Stalinzeit. Im Beisein von Präsident Putin wird das Denkmal heute in Moskau enthüllt.
Die Historikerin und Menschenrechtsaktivistin Irina Sherbakowa begrüßt das. "Es war höchst notwendig, dass der Staat sich dazu äußert", sagte sie im Deutschlandfunk Kultur. Das kann Sherbakowa zufolge aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sowohl der staatliche als auch der zivilgesellschaftliche Umgang mit der stalinistischen Vergangenheit weiterhin ambivalent sind.
Teilnehmer an einer Gedenkveranstaltung der Bürgerrechtsorganisation Memorial für die Opfer des Stalinismus am Lubyanka Platz in Moskau verlesen Namen der Opfer am Vorabend des offiziellen Gedenktages für Opfer politischer Repressionen in Russland.
In Moskau gedenken Menschen der Opfer des Stalinismus.© Deutschlandradio / Gesine Dornblüth
"Einerseits wird es wirklich zugelassen, dass zum Beispiel die Gesellschaft Memorial ihre Aktionen durchführt, obwohl wir täglich sehr starken Druck des Staates erleben. Zum Beispiel wurde den ganzen Tag im Zentrum von Moskau am Ljubljanka-Stein die Namen der in Moskau erschossenen Mitbürger vorgelesen, und es kamen 5000 Menschen", so die Menschenrechtlerin. "Andererseits entstehen ja überall Stalin-Denkmäler". Und mit dem Namen Stalin verbänden auch den Sieg im Zweiten Weltkrieg und die Erinnerung an einen "großen Staat".
Eine Schülerin legt Blumen vor einer Stalin-Büste in Moskau ab.
Eine Schülerin legt Blumen vor einer Stalin-Büste in Moskau ab.© dpa picture alliance / Vitaliy Belousov

Endlich das stalinistische Unrecht gesetzlich anerkennen

Insofern könne eine echte Auseinandersetzung mit der Stalin-Ära in Russland erst dann stattfinden, "wenn man anerkennt, dass es ein absolutes Unrecht war und dass die Menschenrechte auf gröbste Weise verletzt worden waren", kritisiert Sherbakowa. "Und wenn man nicht nur ein Denkmal aufstellt, sondern endlich auch das kommunistische Regime und Stalin juristisch und gesetzlich als Verbrecherisch anerkannt. Das ist ja nicht gemacht worden, und das gibt die Möglichkeit, ihn zu rehabilitieren und Denkmäler aufzustellen."
(uko)
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