Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin mit Haydn und Bruckner

Wettstreit und Verherrlichung

Das Orchester steht auf der Bühne des großen Sendesaales des Berliner Funkhauses in der Masurenallee.
Das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin wird seit Herbst 2017 von Vladimir Jurowski geleitet. © Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin / Simon Pauly
Moderation: Stefan Lang · 30.12.2020
Joseph Haydn wird vom eigenen Ex-Schüler herausgefordert: Wer komponiert das pfiffigere Konzert für mehrere Soloinstrumente? Anton Bruckner sucht die Anerkennung seines Idols Richard Wagner, der sich die dritte Sinfonie voller Zitate seiner Werke widmen ließ.
London 1792. Die Londoner Presse zettelte den sogenannten "Concertanten-Krieg" an: Ein Wettbewerb zwischen den Komponisten Joseph Haydn und Josef Pleyel, der einst sein Schüler war. Für beide brachte die Aktion mehr Aufmerksamkeit für die eigene Person - ein persönlicher Zwist ist nicht überliefert.

Krieg der Harmonien

Die Sinfonia Concertante, die beide so eifrig komponierten, war in der Musikszene gerade der "letzte Schrei". Mehrere Soloinstrumente sollten vor dem Orchester stehen und gegeneinander antreten, einander umspielen, sich im Klang mit der Gruppe oder-und mit dem Orchester vereinen.
Sechs zu vier - so stellten sich die beiden Komponisten auf: Pleyel führte sechs Instrumente vor das Orchester, Haydn begnügte sich mit vier - und gewinnt.

Widmung für das Musikidol

Anton Bruckner besuchte sein großes Musikidol Richard Wagner im Jahr 1873. Seine aufgeladene Musik begeisterte er sich enorm, er beschrieb Wagner immer wieder als "Meister aller Meister". Seine nächste Sinfonie hatte er Wagner zugesagt. Nach einem langen Treffen bei reichlich Bier entschied sich Wagner, Bruckner zu schreiben, dass er nicht die zweite, wohl aber die dritte Sinfonie zugeeignet haben wollte.

Katastrophen-Reihung

Denn dieses auch als "Wagner-Sinfonie" bekannte Werk war in der ersten Fassung voller deutlicher Zitate aus dessen Opern. Da klang die Walküre durch, dort die Meistersinger, der Tristan oder Lohengrin und vieles mehr. Doch die Wiener Philharmoniker, die als Uraufführungsorchester in Frage kamen, lehnten diese Fassung als unspielbar ab.
Bruckner arbeitete um, fuhr die Wagner-Zitate zurück und so kam diese zweite Fassung zur Aufführung. Doch sie endete katastrophal: Bruckner musste kurzfristig als Dirigent einspringen, weil der Uraufführungsdirigent Johann Herbeck plötzlich verstorben war.
Büste des glatzköpfigen Komponisten im Wiener Stadtpark von Bäumen umgeben.
Anton Bruckner verehrte Richard Wagner in großem Maß.© imago images / YAY Images / Jule Berlin
Doch Bruckner konnte diese Aufgabe nicht bewältigen - die Kritiken waren vernichtend. Bruckners Ruf als Komponisten-Dirigent war ruiniert. Vorerst.

Der Durchbruch

Doch die Sinfonie fand nun Interesse bei Verlagen und Orchester schenkten ihr immer größere Aufmerksamkeit. Zahlreihe Aufführungen wurden realisiert - und das in ganz Europa. Bruckner setzte erneut den Stift an: die dritte Fassung von 1889 gelangte an diesem Abend unter dem Dirigat von Vladimir Jurowksi zur Aufführung - auch wenn sie noch längst nicht die letzte Variante der Sinfonie ist.
So kam 1890 eine weitere Version in Druck, handschriftlich folgten noch mehr korrigierende Ausführungen. Bruckner zeigt in dieser Sinfonie exemplarisch seine kompositorische Unentschlossenheit, seine harte Arbeit am für ihn noch nicht Vollendeten. Und so ist die dritte Sinfonie in jeder ihrer "Phasen" rätselhaft und anziehend.
Konzertaufzeichnung vom 8. Dezember 2019 im Konzerthaus Berlin
Joseph Haydn
Sinfonia concertante B-Dur für Oboe, Fagott, Violine, Violoncello und Orchester
Anton Bruckner
Sinfonie Nr. 3 d-Moll WAB 103
Mehr zum Thema