Rückblick aufs Klassikjahr 2022

Krieg, Verfolgung und Flucht als prägende Einflüsse

09:25 Minuten
Eine junge Frau spielt Klavier. Durch die zersprungenen Fenster ihrer Wohnung sind im Hintergrund zerstörte Gebäude in der Nachbarschaft zu sehen.
"Die Politik hat die Musik in diesem Jahr bestimmt wie selten sonst", sagt Musikredakteur Painer Pöllman. © The Washington Post via Getty Images
Rainer Pöllmann im Gespräch mit Mathias Mauersberger · 27.12.2022
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Der Überfall Russlands auf die Ukraine und die Folgen für die Kunst sind prägende Themen des Musikjahrs 2022, erläutert Musikredakteur Rainer Pöllmann. Durch die Arbeit der Musiker von dort oder aus Iran erhalte die Musik Mitteleuropas neue Einflüsse.
Der Überfall Russlands auf die Ukraine ist auch beim Blick auf das Klassikjahr das prägende Thema. "Die Erschütterung des Bewusstseins war hier noch stärker als durch die Pandemie", sagt Musikredakteur Rainer Pöllmann mit Blick auf 2022. Zwar sei der Alltag von Musikern und Publikum durch Corona und die Einschränkungen erheblich verändert worden, doch habe der Krieg vor allem für die Künstler in der Ukraine bedeutet, dass sie ihr Land verlassen und fliehen mussten.

Netzwerk von Hilfsmaßnahmen und Patenschaften

In Reaktion auf die Auswirkungen des Krieges vor allem für die Künstler sei ein Netzwerk von Hilfsmaßnahmen entstanden, von Patenschaften, von provisorischen Aufnahmen der Künstler oder von Verbindungen, die dann zunächst die akute Not lindern sollten, so Pöllmann.
In der Folge des Krieges und der Fluchten aber habe die deutsche und die mitteleuropäische Musikszene eine für sie bisher eher entfernte Musiklandschaft näher kennengelernt.
Einen ähnlichen Öffnungseffekt beschreibt Pöllmann für den Iran. Die Repressionen nach den seit September anhaltenden Protesten sorgten hier für eine ähnlich starke Beschäftigung mit der Kunst und der Musik des Iran vor allem durch Künstler, die auch zuvor bereits im Exil lebten und arbeiteten. "Die Politik hat die Musik in diesem Jahr bestimmt wie selten sonst", so Pöllmann.

Neue Debatte über Ethik und Moral

Allerdings habe der Überfall auf die Ukraine auch dafür gesorgt, dass die Fragen von Moral und Ethik neu diskutiert wurden. Weil hier etwa Künstler wie der Dirigent Walerij Gergijew nach ihrer Haltung zur russischen Politik und zur Staatselite befragt wurden, blickten nun Publikum und Kunst genauer hin, sagt Pöllmann.
"Das war der Ausgangspunkt für eine Debatte über Musik und Moral, die mit veränderten Schwerpunkten bis heute anhält." Die Debatte über gutes oder schlechtes Sponsoring anlässlich der Salzburger Festspiele stehe hiermit ebenfalls in Zusammenhang, so Pöllmann.
Probleme wie Nachhaltigkeit mit Blick auf Tourneen und Konzertreisen oder auf den zuletzt fortgesetzten Publikumsrückgang nehme die Musikszene mit Sicherheit auch mit ins neue Jahr, prophezeit Rainer Pöllmann.

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