Roman von Mirna Funk

Lola kämpft

Mirna Funk im Gespräch mit Joachim Scholl · 29.07.2015
Die Heldin in Mirna Funks Debütroman "Winternähe" ist eine junge Jüdin aus Deutschland, die auf der Suche nach ihrer Identität zwischen Berlin und Tel Aviv pendelt. In Lolas Geschichte spiegeln sich die Erfahrungen der Autorin wider.
Um die schwierige Suche nach einer selbstbestimmten Identität geht es in Mirna Funks Debütroman "Winternähe". Wie Mirna Funk ist ihre Romanheldin Lola in Ost-Berlin aufgewachsen – und wie diese hat sie es mit einer deutschen Gesellschaft zu tun, die zwischen antisemitischen Ressentiments und "Schuldangst" schwankt.
Am Anfang des Buches steht eine Gerichtsszene, in der Lola mit aufgeschminktem Hitlerbärtchen auftritt. Auch das hat Mirna Funk zufolge autografische Parallelen: Einem Plakat mit ihrem Konterfei sei vor ein paar Jahren ein Hitlerbart aufgemalt worden.
"Die Realität und die Romanszene unterscheiden sich dahingehend, dass auf diesem Bild nicht nur ich war, sondern auch noch zwei andere Personen – es war ein relativ großes Foto – und nur mir wurde dieser Hitlerbart über die Oberlippe gemalt."
Das sei ein erschreckendes Erlebnis gewesen, zumal die Täter sie und ihre Wurzeln gekannt hätten.
"Ich habe die dann auch angezeigt, bin aber nicht vor Gericht gegangen, sondern lasse quasi Lola stellvertretend für mich vor Gericht gehen."
Anders als Lola sei sie sehr wohl für Versöhnung, betont Mirna Funk. Allerdings finde Versöhnung nur dann statt, wenn nicht beide Parteien sich gegenseitig in Opfer-Täter-Rollen hineinmanövrierten, "sondern wenn man gemeinsam einer Sache gedenkt".
Mirna Funk: Winternähe
Verlag S. Fischer, Frankfurt/Main 2015
352 Seiten, 19,99 Euro
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