Rohingya vor der Rückkehr nach Myanmar

"Keiner möchte sie haben"

Ein Flüchtlingsmädchen der Rohingya hält ein Kleinkind auf dem Arm. Das Bild stammt aus dem Kutupalong-Flüchtlingslager im Bezirk Cox's Basar in Bangladesch im Juni 2018.
Welche Zukunft haben die Rohingya künftig in Myanmar? © dpa-Bildfunk / AP
Silke Diettrich im Gespräch mit Stephan Karkowsky · 15.11.2018
Die Lage der muslimischen Minderheit Rohingya ist nach wie vor verheerend: Bangladesch schickt die ersten Geflüchteten zurück nach Myanmar. Die Zukunft dort sei ungewiss, Mitleid hätten sie nicht zu erwarten, sagt Asien-Korrespondentin Silke Diettrich.
Nach Angaben des katholischen Hilfswerks Misereor sind seit August 2017 rund 720.000 Rohingya aus Myanmar geflüchtet oder vertrieben worden. Ein Großteil dieser Mitglieder der muslimischen Minderheit habe Zuflucht vor Verfolgung und Misshandlung im Flüchtlingslager Kutupalong in Bangladesch gesucht. Die Lage dort wird als sehr kritisch eingestuft – die Zeltstadt, die mittlerweile dort entstanden ist, platzt aus allen Nähten. Deshalb und auch weil in Bangladesch Wahlen bevorstehen, möchte die Regierung das Flüchtlingslager gerne so bald wie möglich auflösen und die Flüchtlinge wieder zurückschicken.

Hilfswerke befürchten das Schlimmste

Die ersten rund 2000 Rohingya sollen am heutigen Donnerstag nach Myanmar zurückgebracht werden. Misereor fürchtet jedoch um ihre Sicherheit: Die Rückkehr der Menschen sei grundsätzlich zu begrüßen, allerdings seien Fragen der Sicherheit und der Versorgung noch offen, sagte die Leiterin der Asienabteilung bei Misereor, Elisabeth Bially. Viele Dörfer der Rohingya seien zerstört worden, um Spuren der Vertreibungen zu verwischen. "Wir befürchten, dass die Menschen in Lagern untergebracht und keine Reise- und Bewegungsfreiheit haben werden", erklärte Bially.
Mehr als 700.000 Rohingya-Fluechtlinge leben im Lager von Cox's Bazar in Bangladesch
Mehr als 700.000 Rohingya-Fluechtlinge leben im Lager von Cox's Bazar in Bangladesch.© imago stock&people / NicolaxGlass
Auch die Asien-Korrespondentin Silke Diettrich, die das Lager Kutupalong besuchte, ist nicht sehr optimistisch, was die Zukunft und das Wohlergehen der Rohingya in Myanmar anbelangt. Zwar habe die Regierung dort zugesagt, sich an die UN-Vorgaben für eine sichere Rückkehr zu halten, aber die Regierungschefin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi "sitzt zwischen zwei Stühlen. Sie bekommt Druck von den Vereinten Nationen und von der Internationalen Gemeinschaft. Aber zu Hause, wo sie ja auch nicht komplett regiert, bekommt sie Druck vom Militär, die diese Gräueltaten ja mutmaßlich begangen haben", so Diettrich im Deutschlandfunk Kultur.

Die Rohingya erwartet in Myanmar nichts Gutes

Hinzu komme: "In der Bevölkerung selber – die sind in der Mehrheit Buddhisten – haben die Rohingya einen ganz schlechten Stand. Keiner kann sie leiden." Und niemand habe Mitgefühl mit ihnen. Manchmal fühle sie sich ein wenig an die Situation der Roma und Sinti in Europa erinnert: "Keiner möchte sie haben."
Umgekehrt möchten die Rohingya im Lager nicht nach Myanmar zurückkehren. Viele hätten große Angst und berichteten, dass sie sich im Flüchtlingslager wenigstens sicher und einigermaßen versorgt mit dem Nötigsten fühlten. Und etliche hätten geäußert, sie wollten lieber sterben, als zurückzukehren.

Keine Rufschädigung für den Buddhismus allgemein

Dem Ruf der buddhistischen Religionsgemeinschaft an sich hätten die mutmaßlich verübten Gewalttaten an Hunderttausenden von Menschen offenbar nicht geschadet, sagte Diettrich weiter. "Im Moment fokussiert sich das mehr auf Myanmar, als dass man sagen würde, die Buddhisten führen solche Gräueltaten durch. Ich bin auch immer wieder erschrocken, wenn ich mit Menschen darüber rede, die dann sagen: ‚Aber das sind doch Buddhisten. Wie können die sowas tun?‘." Doch in diesem Fall spreche man in Bezug auf die Täter nur von "Burmesen" nicht von "Buddhisten".
(mkn)
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