Myanmar

Reuters-Journalisten zu sieben Jahren Haft verurteilt

Der Reuters Journalist Wa Lone spricht mit Medien. Neben ihm Polizei.
Mit einem Freispruch hatte Wa Lone gerechnet, nun soll er für sieben Jahre in Haft. © picture alliance / AP Images / Thein Zaw
Von Holger Senzel · 03.09.2018
Zehn Rohingya-Männer sollen durch die myanmarische Armee ermordet worden sein. Zwei Reuters-Journalisten gingen dem Fall nach. Nun wurden sie wegen angeblichen Geheimnisverrat zu langen Haftstrafen verurteilt.
Polizisten führen Wa Lone und Kyaw Soe Oo durch die Menge der wartenden Reporter zur Ladefläche eines Lkw. Der Schock steht den beiden myanmarischen Reuters-Journalisten ins Gesicht geschrieben. Gerade verurteilte das Gericht in Rangun sie zu sieben Jahren Haft wegen Geheimnisverrates.
"Heute morgen haben wir noch ganz sicher mit einem Freispruch gerechnet", sagt der Bruder von Wa Lone. "Die beiden haben doch bloß ihren Job gemacht." Dieser Job - das war die Recherche über einen Mord an zehn Rohingya-Männern und Jungen durch die myanmarische Armee. Soldaten hatten zehn Gefangene am 2. September vergangenen Jahres hingerichtet - im Rahmen der sogenannten Anti-Terror-Aktion, die 700.000 Angehörige der muslimischen Minderheit aus Myanmar ins Nachbarland Bangladesh vertrieb.

Nur eins von vielen Massakern

Tausende kamen dabei ums Leben, Dörfer wurden niedergebrannt, Frauen vergewaltigt. Die Vereinten Nationen sprechen von "ethnischer Säuberung" und "Völkermord". Doch auf kritische Journalisten reagiere Myanmars Militär allergisch, erklärt Phil Robertson von Human Rights Watch. "Das Massaker, das die Reporter aufgedeckt haben, war eines von vielen an den Rohingya. Die Armee aber will allen myanmarischen Journalisten eine Lektion erteilen - nämlich, dass Polizei und Gerichte tun, was die Militärs verlangen." Die düstere Botschaft sei: "Wir kriegen Euch - auch, wenn ihr für ausländische Medien arbeitet."
Die Anklage stützt sich auf ein Gesetz zum Verrat von Staatsgeheimnissen, das noch aus der britischen Kolonialzeit stammt. Ein Polizist hatte den Reportern eine Falle gestellt und sich mit ihnen zur angeblichen Übergabe geheimer Dokumente verabredet. Dabei wurden sie vergangenen Dezember festgenommen.
Der Prozess war international scharf kritisiert worden. "Was heute hier geschieht, untergräbt das Recht und die Pressefreiheit, welche die Demokratie braucht", erklärt Reuters Asien-Direktor Kevin Grolicki.

In Myanmar herrscht weiterhin das Militär

An der Verfolgung der Rohingya im Rakhine-Staat zeige sich, wer die wahre Macht in Myanmar habe, sagt Menschenrechtler Robertson. Die Armee nämlich, und nicht die demokratisch gewählte Zivilregierung. "Aung San Suu Kyi hat hier offenbar nichts zu melden. Sie ist quasi die Kühlerfigur auf der Limousine der Militärs, das demokratische Mäntelchen. Ich fürchte, die Demokratie in Myanmar verflüchtigt sich gerade wieder ganz schnell."
Die Armee Myanmars präsentierte ihre Sicht des Rohingya-Konfliktes jetzt in einem Buch. Es zeigt Fotos angeblicher Gräueltaten von Muslimen an buddhistischen Myanmarern. Tatsächlich - so kam inzwischen heraus - stammen die Bilder jedoch aus dem Unabhängigkeitskrieg Bangladeshs von 1971 und dem Konflikt zwischen Hutu und Tutsi in Ruanda. Mit dem Bild eines überfüllten Schiffes dokumentieren die Autoren die vermeintliche illegale Masseneinwanderung von Muslimen nach Myanmar. In Wahrheit handelt es sich jedoch um Rohingya, die aus dem Lande fliehen.
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