Robin Ticciati und das DSO Berlin

Faust fährt zur Hölle

Porträt der Sängerin, die in die Kamera lächelt.
Karen Cargill singt das Gretchen, dem alle Sympathien des Komponisten Hector Berlioz gehören (anders als bei Goethe) © Karen Cargill / Nadine Boyd Photography
Moderation: Ruth Jarre · 23.11.2019
Goethe fehlten zunächst die Worte, dann konnte er nicht mehr miterleben, wie Hector Berlioz seinen Faust komplett vertonte. Die Dramatische Legende "La Damnation de Faust" haben sich das DSO Berlin und Chefdirigent Robin Ticciati jetzt vorgenommen.
Im Berlioz-Gedenkjahr anläßlich des 150. Todestages des französischen Komponisten sind Robin Ticciati und das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin beim Thema Faust angekommen - die dramatische Legende "La Damnation de Faust" steht an zwei Abenden in der Philharmonie Berlin auf dem Programm. Nach dem Weihachtsspiel "L'enfance du Christ" und der Shakespeare-Vertonung "Roméo et Juliette" in den Vorjahren. Die Berliner Zeitung hat Robin Ticciati 2018 zum "derzeit besten Berlioz-Dirigenten" ausgerufen. Und das muss schon etwas bedeuten, stehen doch die musikdramatischen Werke des Komponisten regelmäßig bei allen Orchestern auf dem Spielplan.
Hat am Ende gut lachen, den Mephisto singt der Bassbariton Alexander Vinogradov
Hat am Ende gut lachen, den Mephisto singt der Bassbariton Alexander Vinogradov© Polina Plotnikova/DSO Berlin
Aus dem britischen Musikleben hat Robin Ticciati die beiden Hauptsolisten mitgebracht, schließlich hat er die "Damnation de Faust" im vergangenen Sommer beim Opernfestival in Glyndebourne aufgeführt: Karen Cargill singt die Margarete, Allan Clayton den Faust. Den ewig triumphierenden Mephisto gibt der Bassbariton Alexander Vinogradov, Goran Jurić den Brandner. Das Werk ist nicht zuletzt eine Choroper - die Höllengeister, Bauern, Studenten, Soldaten, Saufbrüder, Gnomen und Elfen, Jäger und Gejagten geben die jungen Herren des Staats- und Domchores Berlin und die Damen und Herren des Rundfunkchors Berlin.

Respektloser Umgang

Den Zeitgenossen in Deutschland, wo Hector Berlioz mit seiner Musik sogar beliebter war als daheim in Frankreich, diesen Musik- und Literaturliebhabern gefiel es gar nicht, wie frei und respektlos er nun mit dem "heiligen" Stoff "Faust" umging. Goethe hatte den Gelehrten, der mit dem Teufel paktiert und seine Geliebte sitzen lässt, in den Himmel der Hochkultur gehoben. Berlioz wies die Kritik zurück mit dem Argument, der Faust sei ein Stoff aus der Volkskultur. Recht hatte er.

Reise durch das exotische Europa

Berlioz gestaltete seine Konzertoper (wie das Werk ursprünglich bezeichnet sein sollte) als eine Reise durch das Europa östlich des Rheins (für die Franzosen der romantischen Periode eine exotische Region). Den Morgen begrüßt Faust in der ungarischen Puszta, dann finden wir ihn in seinem Studierstübchen in Norddeutschland, schließlich kokettiert er mit den Gnomen und Elfen am Ufer der Elbe (wohl bei Dresden). Es sind all dies Orte, die Berlioz zuvor aufgesucht hatte und an denen er Inspirtation für seine Dramatische Legende empfangen hatte. Nur in der Hölle konnte der Komponist noch nicht gewesen sein zu Lebzeiten, das hat ihm sein Held Doktor Faustus voraus. Doch Berlioz' musikalische Vorstellungskraft kannte keine Grenzen - Fausts Höllenritt und Ankunft in der Unterwelt gehören zu den stärksten Szenen dieser Vertonung eines letztlich universellen Stoffs.
Live aus der Philharmonie Berlin
Hector Berlioz
"La Damnation de Faust", Légende dramatique für Soli, Chor und Orchester op. 24
Libretto: Gérard de Nerval, Almire Gandonnière, Hector Berlioz
ca. 21.10 Uhr Konzertpause zwischen dem 2. und 3. Teil, darin: Elisabeth Hahn porträtiert die Sängerin Karen Cargill, Volker Michael im Gespräch mit Robin Ticciati

Faust - Allan Clayton, Tenor
Marguerite - Karen Cargill, Mezzosopran
Méphistophélès - Alexander Vinogradov, Bass
Brander - Goran Jurić, Bass
Rundfunkchor Berlin
Staats- und Domchor Berlin
Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Leitung: Robin Ticciati

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