Robert Rauschenberg im MoMa

Menschenfänger und großer Experimentator

Das Werk "Monogram" des US-Künstlers Robert Rauschenberg zeigt eine ausgestopfte Angoraziege mit zwei dicken Hörnern. Sie steckt mit ihrem Hinterteil in einem Autoreifen. Das Kunstwerk ist derzeit im Museum of Modern Art (MoMA) in New York zu sehen - als Teil einer großen Rauschenberg-Retrospektive "Among Friends".
Das Werk "Monogram" des US-Künstlers Robert Rauschenberg - eine ausgestopfte Angoraziege im Autoreifen. © dpa / picture alliance / Johann Schmidt-Tegge
Von Kai Clement · 20.05.2017
Robert Rauschenberg war ein überbordender Experimentator - das zeigt eine neue Ausstellung im New Yorker Museum of Modern Art. Künstlerische und persönliche Begegnungen waren in seiner Arbeit untrennbar verbunden, nach dem Motto: nachdenken, Menschen zusammenbringen und Kunst produzieren.
"Wenn zwei Menschen zur selben Zeit über ein Ergebnis nachdenken - dann hat man so was wie eine Gruppe von Gehirnen und Gefühlen und Lösungen."

Robert Rauschenberg - der Menschenfänger. Mit seinen großen Feiern, etwa zu Thanksgiving. Ein geselliger Mann. Einfach jemand, in dessen Nähe man gerne war, wie sich ein Zeitgenosse erinnert. Kuratorin Leah Dickerman sieht selbst seine Kunstwerke als Begegnungen.
Künstlerische und persönliche Begegnungen - oft untrennbar verwoben. Da ist die Kurzzeitehe mit Susan Weil, gefolgt von mehreren schwulen Beziehungen. Aber noch Jahrzehnte später sagt Susan Weil der Zeitung "New York Times" bei einem Interview in Williamsburg, sie habe ihn bis zu seinem Tod geliebt, hätte aber einfach nicht mit ihm zusammen bleiben können. Robert Rauschenberg - der Menschenfänger. Kuratorin Leah Dickerman sagt:
"Sue Weill war seine erste wichtige Mitwirkende. Sie waren wie miteinander verwachsen. Sie machten Lichtpausen. Sie legten sich auf das Papier, wechselten sich dabei ab, und belichteten dann von oben ihre Körper. Dann wässerten sie das Papier im Badezimmer, um die Entwicklung zu stoppen. Sue Weil hat mir erzählt, dass die Nachbarn sich schon fragten, was da los ist, weil sie so lange im gemeinsamen Bad waren."

Das blubbernde Schlammbad "Mud Muse"

Robert Rauschenberg war nicht nur Menschenfänger - er war auch ein überbordender Experimentator, so zeigt die Ausstellung "Among friends" im Museum of Modern Art. Da ist sein blubberndes, pool-großes Schlammbad "Mud Muse" - erarbeitet in den späten 60er Jahren. Natürlich nicht allein, sondern mit fünf Technikern zusammen.
Da sind seine Bühnenbilder - für den Tänzer Merce Cunningham. Da ist der schwarze Reifenabdruck, der sich über 20 verbundene Blätter hinwegzieht. Den Ford Model A fuhr John Cage. Und da ist sein berühmtes Nicht-Bild: eine Zeichnung von Willem de Kooning. Ausradiert, so Kuratorin Leah Dickerman:
"Erst will er seine eigenen Zeichnungen ausradieren. Aber das funktionierte für ihn nicht, weil er mit etwas beginnen wollte, das zweifelsfrei Kunst ist. Also sprach er de Kooning an. Keiner war damals so charismatisch und unberechenbar in der Kunstwelt wie er. Er aber klopfte an dessen Tür mit einer Flasche Jack Daniels in der Hand."

Rauschenbergs Beziehung zu Jasper Johns

War es der Whiskey? War es der Menschenfänger? Rauschenberg bekam seine Zeichnung - aber mit einer Schikane.
"Der Geschichte zufolge brauchte Rauschenberg Wochen, um sie auszuradieren. Und 40 Radiergummis. Dann aber machte er nichts damit - für zwei Jahre, bis er mit Jasper Johns zusammen war. Und Johns hat es dann gerahmt und beschriftet."
Jasper Johns - eine weitere intensive Arbeits- und Lebensbeziehung. Rauschenberg lebte nur eine Etage über ihm in einem Loft-Gebäude in der Pearl Street. Aber es waren die 50er-Jahre.

Viele Nachkriegs-Intellektuelle gehörten zu seinen Liebschaften

Da sprach man lieber nicht über eine romantische Beziehung, sondern lieber über Kunst. Über Freunde in Kunst. Die beiden hätten ihre Ideen ausgetauscht, geradezu wörtlich, hat Rauschenberg sich einmal erinnert. "Er würde sagen, ich habe eine tolle Idee für dich und dann würde ich eine für ihn finden müssen."
"Ich glaube, dass die meisten seiner Zusammenarbeiten sich innerhalb von Freundschaften abspielten. Und da sind viele der wichtigsten Nachkriegs-Intellektuellen der USA dabei. Einige waren Liebhaber. Einige waren Freunde."
Robert Rauschenberg selbst sagte einmal:

"Man dachte über etwas nach. Brachte ein paar Leute zusammen - und dann machte man es."

Robert Rauschenberg: "Among Friends"
Museum of Modern Art, New York
21. Mai bis 17. September 2017

Mehr zum Thema