Robert Pleyer

Wie er das Angstregime der "Zwölf Stämme" überwand

Robert Pleyer, Aussteiger der "12 Stämme"
Robert Pleyer, Aussteiger der "12 Stämme" © Markus Röleke
Moderation: Gisela Steinhauer · 11.05.2015
Robert Pleyer ist ein Aussteiger der Christensekte "12 Stämme" und hat ein Buch über die umstrittene Glaubensgemeinschaft geschrieben: "Der Satan schläft nie". Warum mussten 20 Jahre bis zu seiner Flucht vergehen - und wie blickt er auf die Zeit zurück?
"Zwölf Stämme" nennen sie sich, haben sich ganz und gar der Nachfolge Gottes verschrieben und halten sich zu Gute, mit absolutem Gehorsam den Regeln der Bibel zu folgen. Robert Pleyer hat die Sekte als junger Mann, auf der Suche nach einer alternativen und gemeinschaftlichen Lebensform, in Frankreich kennen gelernt.
Später lebte er im bayerischen Ableger der "Zwölf Stämme", unterwarf sich freiwillig deren strengen Lebensregeln und hierarchischer Ordnung. Er hat dort eine Familie gegründet und seine Kinder, wenn sie nicht gehorchten, mit der Weidenrute gezüchtigt, wie es die Sektenregeln vorschreiben. Damals kamen ihm die ersten Zweifel. Schließlich hat er es nach 20 Jahren der Zugehörigkeit geschafft, gemeinsam mit seinen vier Kindern auszusteigen. Er habe die körperliche Züchtigung seiner Kinder nicht mehr ertragen können – die Vorstellung, wie ihnen jede Kindlichkeit, Lebensfreude und Spontanität genommen werden sollte, habe ihn in seinem Entschluss bestärkt, sagt Pleyer rückblickend.
Der lange Weg zurück in ein normales Leben
Warum hat es so viele Jahre gedauert, ehe er den Weg aus der Sekte fand? "Ich wusste, dass die Gefahr besteht, wenn ich die Gemeinschaft verlasse, dass ich meine Frau und meine Kinder verlieren werde. Und dafür braucht man sehr viel Mut." Zudem begleite ihn auch heute, drei Jahre nach dem Ausstieg, die Drohung der "Zwölf Stämme", er sein fortan "von Gott geächtet" und müsse "mit einer Hinrichtung durch Gott" rechnen. "Aus diesem Angstregime auszubrechen, ist schwer."
Zwar habe er – auch dank seiner neuen Partnerin – zu einem ruhigen Leben mit seinen Kindern gefunden. Doch sei die Angst, seine Kinder zu verlieren, immer gegenwärtig. Die Sekte habe ihm gedroht, ihm die Kinder wegzunehmen. Pleyer lässt sie deshalb nicht allein zur Bushaltestelle oder zum Einkaufen gehen.
Schreiben als Therapie
Über seine Erfahrungen hat er ein Buch geschrieben: "Der Satan schläft nie". Dieses Buch, das mit Unterstützung des Autors Axel Wolfsgruber entstand, "war eine Therapie für mich", sagt Pleyer. Obwohl es sehr belastend gewesen sei, es zu schreiben. Als er die Kapitel, in denen es um die Züchtigung der Kinder ging, überarbeitet habe, "habe ich sehr viel geweint".

Buchhinweis
Robert Pleyer: Der Satan schläft nie: Mein Leben bei den Zwölf Stämmen
Knaur Verlag, München 2014
280 Seiten, 14,99 Euro

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