Totgesagte leiern länger
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Die Audiokassette ist für viele Nostalgie pur, so mancher hortet noch seine alte Mix-Tapes. Derzeit veröffentlichen Stars wie Madonna oder Björk Musik plötzlich wieder auch auf Kassette. Franziska Kohlhase von Tape Muzik sagt, was dahinter steckt.
Manche Retrotrends haben nicht sehr viel Sinn: Röhrenfernseher zum Beispiel. Oder Faxgeräte. Und will wirklich noch jemand seine Lieblingsmusik auf Audiokassetten hören? Offenbar doch. Kürzlich haben Madonna, Mark Ronson und Björk ihre Werke nicht nur im Stream, auf CD und Vinyl, sondern auch auf Kassette rausgebracht. Das ist erstaunlich, denn Kassetten fangen schnell an zu leiern, ruinieren die Töne der Lieblingsband durch Bandsalat, sind super-unpraktisch, weil man langwierig vor- und zurückspulen muss und sind insgesamt nicht lange haltbar.
Speziell viele junge Leute entdecken die Kassette wieder
Dennoch scheint derzeit im Rahmen des allgemeinen Retro-Trends auch das gute alte Tape ein zumindest kleines Revival zu feiern. Die Kassettenfabrik Tape Muzik in Leipzig zum Beispiel hat sich auf die Audioproduktion auf Tape spezialisiert. Franziska Kohlhase ist dort Projektleiterin und sich wohl bewusst, dass "der Hype auch wieder abflauen" könnte. Dennoch erscheint ihr nachvollziehbar, warum speziell viele junge Leute offenbar gerade die Kassette wiederentdecken:
"Die meisten Menschen hören Musik wirklich nur noch digital, was ja auch tatsächlich seine Vorteile hat. Es ist aber sehr emotionslos. Und ich glaube, da hat die Kassette einen großen Mehrwert im Vergleich zu MP3s oder zu YouTube-Hören. Es ist nämlich der gleiche Effekt, den auch die Schallplatte schon erfahren konnte…. Dass man sich wieder nach Emotionen und nach etwas in der Hand sehnt und eine Kassette das natürlich auch transportiert, wenn man sich die anschaut."
Ausdruck von Subkultur
Viel Nostalgie sei mit im Spiel, sagt Kohlhase: Erinnerungen an die Kinderkassetten von früher oder an das erste Mix-Tape, das eine Freundin oder ein Freund einem geschenkt hätten. Speziell für junge Leute sei die Kassette auch ein Ausdruck von Subkultur, in der man sich ausleben könne.
Kohlhase räumt jedoch ein, dass bestimmte, langfristige Schwächen der Tapes – etwa der sehr dumpfe Klang bei älteren Kassetten – selbst mit moderner Überspieltechnik nicht ausgeräumt werden könnten. Wie auch CDs hätten Kassetten nun mal eine nur beschränkte Lebensdauer. Und sie seien doch zu sehr ein Nischenphänomen, "als dass Firmen noch in die Weiterentwicklung des Magnetbands investieren würden".
(mkn)