Wieder mehr Reparieren

Nachhaltigkeit war früher selbstverständlich

07:15 Minuten
Elektroschrott wie ein alter PC und alte Handys vor gelben Hintergrund.
Vieles wird nach wenigen Jahren weggeschmissen, dabei könnte man es reparieren oder wiederverwerten. © imago / Shotshop
Annette Kehnel im Gespräch mit Nicole Dittmer · 10.01.2022
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Was kaputt ist, wird weggeschmissen. Denn Reparieren ist oft teurer als ein Neukauf. Das sei völlig irrational, sagt die Historikerin Annette Kehnel. Sie unterstützt das Vorhaben der Koalition für ein "Recht auf Reparatur".
Ein riesiger Berg an Elektroschrott sammelt sich jedes Jahr allein in Europa an. Ob Smartphone, elektrische Zahnbürste oder PC: Was kaputt oder alt ist, wandert schnell in den Müll.
Verbraucherschutzministerin Steffi Lemke wirbt deshalb für das von der Koalition geplante "Recht auf Reparatur". „Wir konnten früher mal reparieren“, sagt Annette Kehnel. Heutzutage werde dagegen mehr weggeschmissen als repariert. Kehnel ist Professorin für mittelalterliche Geschichte an der Uni Mannheim und Autorin des Buches "Wir konnten auch anders. Eine kurze Geschichte der Nachhaltigkeit".
"Historisch gesehen war Reparieren und Recycling eine ganz entscheidende Kulturtechnik und ein Erfolgsfaktor für die Menschen", sagt Kehnel. Unsere Vorfahren seien in diesem Punkt viel intelligenter gewesen. "Was wir heute tun, ist völlig irrational", so die Professorin.

Reparieren war wirtschaftliche Notwendigkeit

Das große Problem sei, dass heutzutage Reparieren oft teurer sei, als ein Gerät neu zu kaufen. Dieses Phänomen sei erst ab der Mitte des 20. Jahrhunderts aufgetreten. Plötzlich wurden "Unbrauchbarwerdungsmomente" in ein Gerät gebaut, so Kehnel.
Das heißt: Es werden mit Absicht Teile eingebaut, die schnell verschleißen und kaputt gehen, damit die Kunden nach kurzer Zeit ein neues Gerät kaufen müssen.
"Wir werden mit Billigschrott geflutet und Ziel ist es, dass es der Wirtschaft gut geht, ob es den Verbraucherinnen und Verbrauchern gut geht, steht an zweiter Stelle", bemängelt Kehnel.
Dennoch sei sie zuversichtlich, dass sich das gegenwärtige, auf Wachstum fokussierte Wirtschaftsmodell wieder ändern könne. Allerdings passiere dies nicht von alleine, deswegen findet Kehnel das "Recht auf Reparatur" wichtig. Man müsse Anreize schaffen und die könne man über Gesetze regeln.

Annette Kehnel: "Wir konnten auch anders. Eine kurze Geschichte der Nachhaltigkeit"
Blessing Verlag, 2021 München
488 Seiten, 24 Euro

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