Regisseur über die Corona-geprägte Gesellschaft

"Krise heißt immer auch Bewegung nach vorn"

05:38 Minuten
Ein Mann liegt mit ausgebreiteten Händen auf einer Wiese und bedeckt sein Gesicht mit einem Cappy und Brille.
Je früher wir uns den Debatten der Zukunft stellen, desto weniger sind wir angstgetrieben, sagt Andres Veiel. © Eyeem/ Benjamin Egerland
Andres Veiel im Gespräch mit Nana Brink · 28.04.2020
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Wir leben in einer infantilisierten Gesellschaft, sagt der Regisseur Andres Veiel: Wissenschaftler sagen, was zu tun sei, wir folgen. Doch gerade jetzt müsse man über die Gestaltung der Zukunft nachdenken, statt sich von Angst lähmen zu lassen.
Angst, Vereinsamung, Unsicherheit: Unter dem Eindruck der Corona-Pandemie fällt es schwer, an Fragen der Zukunft zu denken. Die Diagnose, die der Regisseur und studierte Psychologe Andres Veiel der Gesellschaft stellt, klingt so: Wir erleben eine Verkindlichung, Wissenschaftler messen das Fieber, sagen, welche Maßnahmen zu treffen seien - und wir folgen.
05.02.2019, Berlin, Deutschland - 12. Akademie-Gespraech in der Akademie der Kuenste mit dem Thema: Kulturelle Filmfoerderung jetzt! Andres Veiel, Autor, Regisseur und Mitglied der Akademie der Kuenste.s
Der Regisseur Andres Veiel© imago images / Reiner Zensen
Momentan seien wir "gefangen in der Gegenwart", so Veiel. Umso wichtiger sei es, gerade jetzt auszubrechen:
"Auch wenn wir wie beim Klimawandel von Negativszenarien ausgehen, dann wirft uns das in eine Gegenwart zurück, in der wir heute handeln müssen. Von daher ist es so wichtig, aus dieser Infantilisierung der Gesellschaft wieder herauszukommen und sich als handelndes politisches Subjekt zu begreifen – mit anderen zusammen."

Sauerstoff ins Hirn bringen

Die "eigentlichen Fragen" seien ja nicht verschwunden, sondern im Moment nur überlagert. Veiel nennt den Klimawandel und eine mögliche neue Migration aus Afrika und, in deren Folge, notwendige Hilfen. Diese Debatten kämen auf uns zu, meint der Regisseur: "Je früher wir das tun, desto weniger sind wir angstgetrieben und desto weniger werden wir davon überrollt. Wann, wenn nicht jetzt?"
Dabei spürt Veiel auch, wie er sagt, die eigene Machtlosigkeit und Angst:
"Aber wenn diese Angst nicht nur lähmend sein soll, dann ist es eine große Chance, Sauerstoff ins Hirn reinzubringen und ganz viele Fragen neu zu stellen. Das finde ich das Positive. Krise heißt in dem Sinne auch immer Bewegung – Bewegung nach vorne. Und das ist, glaube ich, das Gebot der Stunde."
(bth)

Das gesamte Gespräch mit Andres Veiel hören Sie hier:

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