Regisseur Michael Thalheimer

Theater, das wehtut

Regisseur Michael Thalheimer
Regisseur Michael Thalheimer © imago/Tom Maelsa
Moderation: Matthias Hanselmann · 10.04.2018
Kunst entsteht aus Schmerz und nicht aus Glück. Dieser Einsicht fühlt sich der Regisseur Michael Thalheimer verpflichtet. Kritisch betrachtet er den Theaterbetrieb, der zu wenig nach Inhalten suche und in Teilen "dämlich" sei.
Mit siebzehn saß Michael Thalheimer als Schlagzeuger in der Bühnenmitte des Theaters in Darmstadt. Nach seiner Ausbildung in Bern war er an zahlreichen Häusern als Schauspieler engagiert. 1997 debütierte er schließlich auch als Regisseur. Sein Auftrag im Theater, sagt er, sind Schmerzen.
"Damit ist nicht nur mein persönlicher Schmerz gemeint. Sondern ich glaube, dass Künstler generell nicht aus einer Laune, sondern aus einem schmerzhaften Zustand heraus Werke schaffen. Als Hinweis auf eine Wunde, aus Wunsch nach Veränderung und selten aus einem Glücksgefühl heraus. Selbst in den Komödien spürt man das."
Theaterbetrieb als Uraufführungsheißluftmaschine
Thalheimer hat am Hamburger Thalia Theater ebenso erfolgreich inszeniert wie am Frankfurter Schauspielhaus oder am Deutschen Theater Berlin, dessen leitender Regisseur er zeitweise war. Nicht alle Stoffe, die in Deutschland gespielt werden, gefallen ihm. Den Theaterbetrieb bezeichnete er deshalb einmal als Uraufführungsheißluftmaschine:
"Ich habe das Gefühl, dass Theater gar nicht mehr nach Inhalten sucht, sondern allein die Verpackung als Uraufführung oder deutsche Erstaufführung schon genügte, um dieses Stück auf den Spielplan zu setzen. Da kommen mitunter Dinge auf die Bühne, die ich mit anderen intelligenten Menschen zusammen nicht acht Wochen lang in einem Raum eingeschlossen proben und aufführen möchte. Das ist mir dann doch zu dämlich. "
Mit der Intendanz Oliver Reeses wechselte der 53-Jährige vergangenen Sommer ans Berliner Ensemble. Dort hat er mit Tennessee Williams‘ "Endstation Sehnsucht" am 21. April Premiere.
Mehr zum Thema