Reform der Erbschaftssteuer

Erben ist keine Leistung, sondern Zufall

Die Erbschaftssteuer soll nach dem Willen der Steuergewerkschaft neu ausgearbeitet werden
Was bekommt der Fiskus vom vererbten Vermögen? CDU/CSU und SPD haben sich auf neue Regelungen zur Erbschaftssteuer geeinigt. © imago/Christian Ohde
Von Theo Geers · 20.06.2016
Union und SPD haben nicht einmal versucht, bei der Neuregelung der Erbschaftssteuer einen ambitionierten Wurf zu schaffen. Aber auch dieses Gesetz mit seinen vielen Ausnahmen für Firmen droht in Karlsruhe zu scheitern, kommentiert Theo Geers.
Es wäre die Anstrengung wert gewesen. Endlich ein Erbschaftsteuergesetz zu schaffen, das zu einer gerechten Besteuerung auch großer Vermögen führt und das nicht – wie alle seine Vorgänger – früher oder später vom Bundesverfassungsgericht kassiert wird.
Doch Union und SPD haben von Anfang an nicht einmal versucht, einen solchen ambitionierten Wurf hinzubekommen. Dabei wäre es durchaus eben diesen Versuch wert gewesen, denn auch hierzulande geht die Schere zwischen arm und reich immer weiter auseinander.
Erben ist aber keine Leistung, sondern das Ergebnis eines Zufalls, des Zufalls der Geburt. Insofern wäre der Anspruch, diesen Startvorteil ins Leben im Sinne eines sozialen Ausgleichs wenigstens einmal, sprich im Erbfall, mit einem moderaten Steuersatz zu belegen, durchaus zu rechtfertigen. Doch Union und SPD haben sich für das genaue Gegenteil entschieden – für auf dem Papier hohe Erbschaftssteuersätze, die von den Firmenerben jedoch kaum jemand zahlt.

Bierbrauer werden eigens erwähnt

Dafür sorgen die nun vereinbarten hochkomplexen Ausnahmen, die so sehr ins Detail gehen, dass sogar kleine bayerische Bierbrauer eigens im Kompromisspapier erwähnt werden. Union und SPD sind damit dem von Lobbyverbänden gezeichneten Bild des vorsorgenden und des nur am nachhaltigen Unternehmenserfolg orientierten Familienunternehmens gefolgt, dem es ausschließlich um das Schicksal seiner Beschäftigen und – wenn überhaupt – erst in zweiter Linie um das eigene Vermögen geht.
Mit Verlaub: So ist es ja nun nicht, das widerspricht jeder Lebenserfahrung. Jede Erblasser und jeder Erbe will, dass das Geld zuallererst in der Familie bleibt und nicht an den Fiskus geht. Und warum soll etwa ein Familienunternehmer, wenn er denn schon so vorausschauend sein Unternehmen führt, nicht auch Rücklagen bilden für den mit Sicherheit kommenden Erbfall und die dann fällige Erbschaftsteuer?

Jobmaschine der Champions schützen

Andererseits, es stimmt auch: Gerade mittelständische Familienunternehmen sind die Jobmaschine in Deutschland; sie wurden häufig über Generationen aufgebaut und sind oft in Regionen verankert, in denen heute kein anderer Arbeitsplätze schaffen würde. Diese Struktur der über das ganze Land verteilten Champions zu erhalten und sie nicht aufs Spiel zu setzen, rechtfertigt die Ausnahmen, die mit der nun beschlossenen Reform nur ein klein bisschen enger gefasst werden.
Es bleibt dabei: Wer die Jobs erhält und eine Firma weiterführt, wird im Erbfall privilegiert. Aber wie schon ihre Vorgänger laufen die Politiker, die diese Reform ausgekungelt haben, auch diesmal wieder Gefahr, mit ihrem Gesetz in Karlsruhe zu scheitern. Denn bei diesen vielen Ausnahmen werden sich mit Sicherheit auch wieder Kläger finden, die sich – zum Beispiel als Immobilienbesitzer – gegenüber Firmenerben benachteiligt fühlen und deshalb bis nach Karlsruhe ziehen werden. Dann fiele auch diese Reform den Regierenden wieder vor die Füße.
Mehr zum Thema