Raumfahrt

Weltraumzwerge als Klimaforscher

Von Thomas Gith |
20.000 Euro kostet der Satellitentransport ins All – pro Kilogramm Gewicht. Wissenschaftler an der Technischen Universität in Berlin entwickeln daher Kleinsatelliten von der Größe einer Packung Milch.
Beesat 2 rast durchs All. In rund 500 Kilometer Höhe kreist der Satellit um unseren Planeten, umrundet ihn alle 96 Minuten, mit einer Geschwindigkeit von rund 7,5 Kilometer pro Sekunde.
"Beesat 2 befindet sich zurzeit an der Ostküste Südamerikas und wird in Kürze Feuerland überfliegen und sich dann auf den Weg durch den Atlantik bis nach Afrika machen. Er wird also über Namibia hinweg dann bis in den Sudan fliegen und dann wieder über Russland hinfort."
Raumfahrtingenieur Sebastian Trowitzsch steht im Satellitenkontrollzentrum der TU Berlin. Er blickt auf einen an der Wand montierten Bildschirm. Auf ihm ist eine Weltkarte zu sehen: Ein blinkender Punkt über Südamerika zeigt an, wo sich Beesat 2 gerade befindet, eine Linie über dem Atlantik und Afrika visualisiert die weitere Flugbahn.
Trowitzsch: "Beesat 2 hat eine Größe von 10 mal 10 mal 10 Zentimeter, das ist also ein würfelförmiger Kleinsatellit mit einer Masse von gerade einmal einem Kilogramm. Und die Experimente, die Beesat 2 mit an Bord hat, sind hauptsächlich auf die Lageregelung ausgerichtet. Lageregelung bedeutet, dass der Satellit in der Lage ist, sich im Raum zu orientieren und seine Kamera in eine beliebige Richtung auszurichten.“
Über eine Funkverbindung soll Beesat 2 Weltraumfotos zur Erde senden. Das Besondere dabei: Damit die Kamera etwa zielgenau den unter ihr liegenden Ozean fotografiert, muss sich der Satellit im All selbstständig drehen. Die Raumfahrtingenieure der TU Berlin haben die dafür notwendige Steuerungstechnik entwickelt, erläutert Professor Klaus Brieß.
"Also wir brauchen Schwungräder im Satelliten, um die Lage des Satelliten sehr genau zu steuern. Die gibt es für große Satelliten schon seit vielen Jahrzehnten, aber für ganz kleine Satelliten gibt es keine. Und solche Technologien haben wir entwickelt, die eben dann passfähig sind zu den kleinen Satelliten.“
Die Berliner Kleinstsatelliten manövrieren also selbstständig im All. Um dorthin zu gelangen, werden sie in Raketen der NASA oder der ESAverstaut, in den Weltraum geflogen und dann auf ihre Umlaufbahn geschossen.
20.000 Euro kostet der Satellitentransport – pro Kilogramm. Und je leichter der Satellit, desto geringer die Transportkosten. Die Weltraumzwerge könnten künftig als Umwelt- und Klimasatelliten wichtige Daten für die Forschung liefern.
Der erste Kleinsatellit wurde 2009 ins All geschossen
Brieß: "Nehmen wir mal das Beispiel Feuer. Feuer ist eine nützliche Sache. Wenn es allerdings zu viele Brände gibt auf der Welt, dann wird zu viel Kohlenstoff in die Atmosphäre getragen. Das alles ist noch ziemlich unerforscht. Man weiß nicht, welchen Einfluss Feuer auf die Atmosphäre hat, weil wir zu wenige Daten haben. Und hier könnten Kleinsatelliten mit kleinen Instrumenten einen großen Beitrag bringen, um mehr zu erfahren, wie der Einfluss von Feuer auf die Umwelt des Menschen ist.“
Die Minisatelliten könnten die Ausdehnung von Rauchwolken erfassen, beobachten, wo die Wolken hinziehen. Dafür müssen sie zuverlässig arbeiten. Bisher ist das der Fall: 2009 wurde der erste Kleinsatellit der TU Berlin erfolgreich ins All geschossen. Im April 2013 begann Beesat 2 seine Mission. Seitdem fliegt er stabil auf seiner Umlaufbahn um die Erde, liefert konstant Daten.
Empfangen werden die per Funk - mit Antennen, die einen Durchmesser von bis zu drei Metern haben.
"Wir sind derzeit auf dem Dach des Instituts für Luft- und Raumfahrt. Und das ist hier für das Fachgebiet Raumfahrttechnik quasi unsere Bodenstation. Das heißt, von hier aus haben wir unsere Antennen, mit denen wir direkt die Satelliten anfunken können und auch die Satelliten quasi abhören können.“
Sobald der Satellit über Berlin fliegt, richten sich die Antennen automatisch nach ihm aus, erzählt Raumfahrtingenieur Cem Avsar. Er geht über das Institutsdach, zeigt auf eine kreisrunde Satellitenschüssel.Sie empfängt die Lebenszeichen, die Beesat 2 regelmäßig aus dem Weltraum zur Erde sendet.
Trowitzsch: "Dieses Rufzeichen ist mit der internationalen Vereinigung der Amateurfunker koordiniert, in unserem Fall ist das DP0 BEF. Und dieses Rufzeichen sendet der Satellit periodisch, damit wir wissen, dass er dort im Orbit seine Runden kreist und das er, ja, ordnungsgemäß funktioniert.“
Dass die Minisatelliten zuverlässig im All unterwegs sind, konnten die Berliner Forscher so mittlerweile belegen. In den kommenden Jahren werden sie daher die Technik für Datenübertragung und Steuerung weiter entwickeln.
Die Weltraumwinzlinge könnten dann künftig die großen Forschungssatelliten ergänzen: Als ein Schwarm aus mehreren Kleinstsatelliten etwa, der die Erde aus verschiedenen Winkeln beobachtet. Eine Aufgabe, die mit den Weltraumwinzlingen verhältnismäßig günstig ist.
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