Rauchverbot in Österreich

In den Shisha-Bars hat es sich ausgedampft

08:36 Minuten
Ein junger Mann sitzt in einer lila illuminierten Shisha-Bar und atmet Dampf aus. Das Bild ist leicht unscharf und vermittelt dadurch eine leicht schummrige Atmosphäre.
Der letzte Zug: Insbesondere die Betreiber von Shisha-Bars kritisieren das österreichische Rauchverbot in Kneipen. © Philip Artelt
Von Philip Artelt · 20.01.2020
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Seit November 2019 gilt in Österreich für die Gastronomie ein strenges Rauchverbot. Dass es dazu nach langem Hin und Her gekommen ist, ist auch eine Folge der Ibiza-Affäre. Für Shisha-Bars stellt das Gesetz eine besondere Härte dar.
Café Kaiserfeld, Graz. Ein symbolträchtiger Ort, an dem sich die Ärzte Hellmut Samonigg, Daniela Jahn-Kuch und der Gastwirt Simon Lackner treffen. Symbolträchtig nicht nur, weil selbst Arnold Schwarzenegger, der hier einmal eine Zigarre geraucht haben soll, in dem Café heute nicht mehr qualmen dürfte.
Österreich ist frei, rauchfrei. Zumindest in der Gastronomie. Und das Café Kaiserfeld war ein Vorreiter unter den rauchfreien Lokalen. Für die beiden Ärzte geht ein zermürbender Kampf zu Ende:
- "Im Sinne des Aktiv-was-Unternehmens, um die Situation noch zu verbessern, stimmt das, ich bin arbeitslos."
- "Dank Ibiza hat sich jetzt das, wofür wir gekämpft haben, erfüllt."
Ibiza – die Ereignisse auf der Insel, die die österreichische Regierung zu Fall brachten und damit auch den Weg zum Rauchverbot ebneten.

Ein Verbot mit langem Vorlauf

Aber die Geschichte beginnt früher, weitaus früher. Lange, bevor Samonigg und Jahn-Kuch ihren Kampf für das Rauchverbot begonnen haben. "Wenn wir 1992 anschauen, damals war ein Mediziner Gesundheitsminister, der Dr. Ausserwinkler. Der wollte zum Beispiel ein Rauchverbot für Schwangere am Arbeitsplatz. Und da hat der eigene Sozialsprecher der SPÖ gesagt: ‚Das ist ja wie mit Kanonen auf Frauen schießen.‘"
Erst 2008 kam ein ernstzunehmendes Nichtraucherschutzgesetz: Die Regierung verbot das Rauchen in Gaststätten, Bars und Clubs. Ausgenommen waren kleine Lokale, die typischen Beisln. Alle anderen durften aber extra Raucherräume für die Gäste einführen. "Das hat nicht funktioniert. Wir wissen, nur in jedem vierten Lokal sind diese Maßnahmen eingehalten worden."
Und es wurde geraucht, was das Zeug hielt: Einer EU-Statistik zufolge war noch in jüngster Zeit der Anteil junger Raucher in Österreich höher als in jedem anderen Land der EU.

Ein Aktivist erlag dem Lungenkrebs

2014 starteten Mediziner um den Krebsspezialisten Hellmut Samonigg eine Initiative, um den Nichtraucherschutz voranzubringen: "Don‘t smoke". Öffentlichkeitswirksam war vor allem das Engagement von Daniela Jahn-Kuchs Bruder Kurt Kuch, ein bekannter Investigativ-Journalist – mit Lungenkrebs:
2015 starb Kurt Kuch an den Folgen seiner Krankheit.
Ob Kurt Kuchs Tod den Ausschlag gegeben hat, dass die Regierung nun handelte? Jedenfalls beschloss die Koalition aus sozialdemokratischer SPÖ und konservativer ÖVP schon wenige Monate später ein rigoroses Rauchverbot in Lokalen. Eine lange Übergangsfrist von drei Jahren und Entschädigungen sollten es den Wirten einfacher machen.

Die Rücknahme der Rücknahme des Verbots

Dann kam die Wahl 2017 und die rechte FPÖ zog in die Regierung ein. Bundeskanzler wurde der ÖVP-Politiker Sebastian Kurz. Die FPÖ setzte in den Koalitionsverhandlungen durch, dass das Gesetz gekippt wurde, bevor es wirksam wurde. Hellmut Samonigg erinnert sich:
"Der Bundeskanzler war ursprünglich einer der ersten ÖVP-Namhaften, der sich klar dazu bekannt hat und der im Übrigen das auch mir ganz offen gesagt hat: Das ist ein Unsinn zu rauchen, und ich bin natürlich für den Nichtraucherschutz. Aber ich bin gezwungen worden, um diese Regierung zustande zu bringen mit der FPÖ, diesen Kompromiss einzugehen."
Dann kam die Ibiza-Affäre: Österreichs Regierung zerbrach an den Verfehlungen der Politiker Strache und Gudenus. Die einzige Partei, die das Rauchen in der Gastronomie vehement verteidigte, die FPÖ, lag in Trümmern.
Für ein paar Monate führte eine Übergangsregierung die Geschäfte. Die Parlamentarier, vom Koalitionszwang befreit, beschlossen die Rücknahme der Rücknahme des Rauchverbots. Vier Monate später, im November 2019, war Schluss mit Rauchen.

Wien setzt das Verbot strenger durch als Graz

"Aufgrund meiner Funktion sind wir natürlich verpflichtet, zu kontrollieren", sagt der Grazer Bürgermeisterstellvertreter Mario Eustacchio. Der FPÖ-Politiker ist selber Nichtraucher, verteidigt aber bis heute die Freiheit der Bürger und Wirte, sich auch im Lokal eine Zigarette anzustecken.
"Wir haben aber zum Unterschied von anderen Städten hier keine 'Aktion scharf' gemacht, wie das zum Beispiel Wien gemacht hat. Wir haben auf Verständnis der Gastronomie gesetzt und auf Prävention" und nicht eigens nur für das Rauchverbot Kontrolleure losgeschickt. 15 Verstöße in acht Lokalen haben die Grazer in den ersten knapp zwei Monaten festgestellt.
Ein junger Kneipenwirt vor seinem bläulich beleuchteten Ausschank. Gut zu sehen: das Rauchverbotszeichen.
Das Rauchverbot in Gaststätten: In diesem Lokal steht man offen dazu.© Philip Artelt
In Wien geht es tatsächlich strenger zu. Bis März will die Behörde jedes Lokal in Wien mindestens einmal kontrolliert haben. Amtssprecher Alexander Hengl war bei den ersten Kontrollen dabei:
"Es waren teilweise Aschenbecher aufgestellt, es waren teilweise leere Getränkedosen mit Wasser drinnen aufgestellt, die tatsächlich dann eingeladen haben, die Zigarette dort loszuwerden."
83 Betriebe, 1,6 Prozent, wurden angezeigt. "Ich glaube, das ist eine Zahl, die da quasi schon Richtung Null geht."

Keine Ausnahme für Shisha-Bars

Und die Wirte? Das Grazer Café Kaiserfeld, ein klassisches altösterreichisches Café, hat das Rauchen schon vor dem neuen Gesetz verboten – und gute Erfahrungen gemacht. Gastwirt Simon Lackner spricht sogar von einem Umsatzplus:
"Wir hatten einen Stammgast, ein pensionierter älterer Herr mit seinem Hund. Und der ist damals, als wir auf Nichtraucher umgestellt haben, einfach weggeblieben. Und mit dem Tag, wo dann das Ganze per Gesetz gekommen ist, dann ist er wieder zurück zu uns gekommen."
Echte Probleme haben dagegen Shisha-Bars. Für sie gelten keine Ausnahmen. Jakob Baran, Betreiber einer Shisha-Bar in einem Wiener Einkaufszentrum und Vorsitzender des Shisha-Bar-Verbandes, sagt:
"Wir haben schon neun Mitarbeiter entlassen. Wir haben einen Umsatzrückgang von 70 Prozent."
Die Shisha-Bars setzen derzeit auf Clubräume, zu denen nur Vereinsmitglieder Zugang haben. Rechtlich haltbar ist das nach Einschätzung einiger Juristen kaum. Ausnahmen vom Rauchverbot gelten allerdings für Hotels – so eine Ausnahme fordert jetzt auch Jakob Baran für die Shisha-Bars.

Demonstrationen gegen das Verbot

Ebenfalls Bedenken hat Joachim Didio. Er betreibt ein Abendlokal in Wien, ein typisches Raucherlokal, so eines mit Holzvertäfelung und Blechschildern von Biermarken an der Wand. "Vor fünf Jahren war ich das erste Mal in meinem Leben auf einer Demo: gegen das Rauchverbot." Genützt hat es nichts.
Detailaufnahme von Bierkrügen, Soßenwürze und Rauchutensilien in typischem Kneipenambiente.
Klassisches Kneipen-Idyll: Tabak und FIlter liegen bereit - nur der Aschenbecher fehlt. Geraucht wird vor der Tür.© Philip Artelt
Joachim Didio bittet zum Gespräch vor die Türe: Er nutzt die Gelegenheit, um selbst eine zu rauchen. "Die Umsätze sind zurückgegangen. Aber ich habe noch keine Existenzängste, um das geht es noch nicht."

Nachbarn beschweren sich über Raucher vor den Kneipen

Didio spricht ein anderes Problem an, das viele Wirte beschäftigt: Wenn die Gäste vor dem Lokal rauchen und laut sind, droht den Gastronomen eine frühere Sperrstunde.
"Prinzipiell gehört das Gesetz geändert. Ich kann nicht für etwas verantwortlich sein, wo ich kein Recht habe. Ich habe ein Recht im Lokal, da habe ich mein Hausrecht. Aber nicht vor der Türe."
Dass das Gesetz noch einmal rückgängig gemacht wird, daran glaubt wohl niemand. Einig sind sich viele Gastronomen aber darin, dass die Regelung ein Schnellschuss war und nachgebessert werden muss.
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