Ralf König zum Biografie-Streit um Woody Allen

"Man kann ihn doch nicht wie eine Kakerlake wegtreten"

06:35 Minuten
Woody Allen auf der Pressekonferenz in Cannes, von Handykameras umringt
Bessere Zeiten: US-Filmemacher Woody Allen 2015 auf den Internationalen Filmfestspielen von Cannes. Jetzt geht es darum, wo seine Autobiografie erscheinen soll. © AFP / Anne-Christine Poujoulat
Moderation: Andrea Gerk · 10.03.2020
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Darf die Autobiografie von Woody Allen bei Rowohlt erscheinen, trotz Missbrauchsvorwürfen gegen den US-Regisseur? Verlags-Autoren haben sich in einem offenen Brief dagegen ausgesprochen. Comiczeichner Ralf König, auch Rowohlt-Autor, hat dafür kein Verständnis.
Um die Autobiografie des amerikanischen Filmemachers Woody Allen ist eine heftige Debatte entbrannt. Der amerikanische Verlag Hachette hat die Veröffentlichung abgesagt, nachdem viele Mitarbeiter des Hauses ihre Schreibtische verlassen hatten, um vor dem Verlagshaus gegen das Buch zu protestieren.
Woody Allens deutscher Verlag Rowohlt hält hingegen an der Veröffentlichung fest - mehrere Rowohlt-Autorinnen und Autoren haben das in einem offenen Brief kritisiert. Man wolle sich dagegen wenden, dass der eigene Verlag den Eindruck erwecke, dass "die Redezeit der Opfer vorbei" sei, so Mitunterzeichner Till Raether. Hintergrund der Debatte ist, dass es seit Jahrzehnten Missbrauchsvorwürfe gegen Allen gibt, die jedoch nie gerichtlich bewiesen wurden.
Rachefeldzug "absolut denkbar"
Bei Rowohlt erscheinen auch die Bücher des Comic-Zeichners und Autors Ralf König. Er widerspricht nun seinen Kollegen ausdrücklich: Es sei nicht bewiesen, dass Woody Allen vor knapp 30 Jahren seine Adoptivtochter Dylan – sie war damals sieben Jahre alt – missbraucht habe.
Diesen Vorwurf hatte Anfang der 1990er Jahre die ehemalige Lebensgefährtin von Allen, Mia Farrow, im Streit um das Sorgerecht erhoben. Dylan selbst hat inzwischen ebenfalls davon gesprochen, von Allen sexuell misshandelt worden zu sein.
Rund um Woody Allen sei bereits früh ein "giftiges Gebräu" entstanden, sagt König. Und es sei "absolut gut denkbar", dass Mia Farrow annodazumal einen Rachefeldzug gegen den Regisseur begonnen habe - wie Allen sage. Da es keine Beweise gebe, könne er nicht verstehen, dass Woody Allen fallengelassen werde wie eine heiße Kartoffel.
Comiczeichner Ralf König
Möchte, dass Rowohlt Woody Allens Autobiografie verlegt: Comiczeichner Ralf König.© picture alliance / Geisler-Fotopress / Christoph Hardt
"Es gibt unter den Adoptivkindern von Mia Farrow andere Stimmen, die werden zum Beispiel gar nicht gehört", betont König. "Die sagen, das ist alles Quatsch, Mia Farrow dreht durch."

"Möglichkeit, sich zu verteidigen"

Ralf König sieht in dem Konflikt auch "eine Sache zwischen Jung und Alt". "Da ist plötzlich eine Generation, die ist ziemlich erbarmungslos." Obwohl US-Präsident Donald Trump den Begriff Hexenjagd "versaut" habe, würde er in diesem Fall von einer Hexenjagd sprechen, so König.
Er selbst sei ein großer Fan von Woody Allen, sagt König. Seine Werke schätze er sehr. Er wünsche sich, dass Rowohlt die Biografie veröffentlicht. "Ich möchte das gerne lesen", so König:
"Der Mann muss doch die Möglichkeit bekommen, sich zu verteidigen und zu sagen, wie es aus seiner Sicht war. Das kann man doch nicht abwürgen und ihn einfach wie eine Kakerlake wegtreten."
(abr)
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