Rafik Schami: "Die geheime Mission des Kardinals"

Langweilige Trinkgelage, holzschnittartige Liebeleien

03:17 Minuten
"Die geheime Mission des Kardinals" von Rafik Schami
Die Krimihandlung ist einigermaßen langweilig und absehbar, meint unsere Kritikerin. © Carl Hanser Verlag
Von Stephanie von Oppen · 15.08.2019
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In einem Fass mit Olivenöl schwimmt eine Leiche. So beginnt „Die geheime Mission des Kardinals“ von Rafik Schami. Der Krimi, der vor Beginn des Krieges in Syrien spielt, klingt vielversprechend, ist aber arg überfrachtet, meint unsere Kritikerin.
Kaum war der neue Rafik Schami heraus, schon landetet er auf der Spiegel Bestsellerliste. Dabei ist "Die geheime Mission des Kardinals" als Krimi langweilig, als Gesellschaftsanalyse Syriens holzschnittartig und als Liebesgeschichte kitschig, meint unsere Kritikerin. Warum findet der Roman trotzdem so viele Leser und Leserinnen?
Am Anfang steht eine grausige Lieferung an die italienische Botschaft in Damaskus: In einem Fass mit Olivenöl schwimmt die Leiche eines Kardinals aus dem Vatikan. Der Fall landet bei dem damaszenischen Kommissar Barudi, an dessen Seite noch ein Kollege aus Italien gestellt wird – das klassische Ermittlerduo.

Islamische Terroristen, Geheimdienste und Mafia

Ihre Arbeit gestaltet sich schwierig angesichts der explosiven Gemengelage zwischen verschiedenen christlichen und muslimischen Gruppen, islamischen Terroristen, Geheimdiensten, der Mafia, korrupten Politikern und falschen Heiligen, die den Aberglauben der Bevölkerung ausnutzen. Und dazu nimmt noch eine romantische Liebesgeschichte zwischen Barudi und einer Nachbarin ihren Lauf. Rafik Schami hat seinen Roman vor den Beginn des Syrienkrieges verlegt und entwickelt seinen Plot ganz im Zeichen der herannahenden Katastrophe.
Krimi, Gesellschaftsanalyse, Liebesglück – das klingt vielversprechend. Verbunden mit dem Wissen um Schamis Erzählkunst, die einem den Duft von Nelken und Kardamom in die Nase zaubert, wird das nicht nur seine treuen Fans zum Kauf des neuen Romans verlockt haben.

Eine Liebesgeschichte gibt es auch

Doch die hohen Erwartungen werden kaum eingelöst. Die Krimihandlung ist einigermaßen langweilig und absehbar. So werden zum Beispiel die beiden christlichen Kommissare von einer Gruppe Islamisten entführt, aber schnell erweist sich, dass es sich bei dem Anführer um den ehemaligen Pflegsohn Barudis handelt. Ähnlich unvermittelt lösen sich auch andere Spannungsmomente auf. Die Männerfreundschaft zwischen Barudi und dem italienischen Kommissar hat etwas altbackenes. Die ständigen gemeinsamen Ess- und Trinkgelage der beiden werden in ihrem Detailreichtum auch irgendwann lästig. Und die Liebesgeschichte zwischen dem syrischen Kommissar, dessen Frau verstorben ist, und einer Nachbarin wirkt so dazu konstruiert, als hätte diese Zutat einfach noch hinein gemusst.
Und was die Beschreibung der syrischen Gesellschaft und der politischen Gemengelage am Vorabend des Krieges angeht, wirkt es so, als hätte Rafik Schami wirklich all seine Erkenntnisse und Gedanken dazu hineinstopfen wollen und überfrachtet seinen Roman.

Rafik Schami: "Die geheime Mission des Kardinals"
Carl Hanser Verlag, 2019
431 Seiten, 26,00 Euro

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