Quälgeist der Belle Epoque

Von Sven Ahnert · 30.03.2010
Priester waren für ihn Kinderschänder, Militärs Verbrecher, Richter und Politiker zählte er gar zu den Blutberufen. Gott hielt er für ein Hirngespinst, den Sexualtrieb pries er als die "Verwirklichung der wahren Natur des Menschen". Octave Mirbeau war eine Skandalfigur der Belle Epoque und provozierte als streitlustiger Literat, Kunstkritiker und Dramatiker das französische Establishment im ausgehenden 19. Jahrhundert.
Er entdeckte das Genie Vincent van Goghs und vieler anderer Impressionisten, verdiente ein Vermögen mit sozialkritischen und reißerischen Dramen, verfasste bizarre Romane wie "Garten der Qualen", "Nie wieder Höhenluft", "Tagebuch einer Kammerzofe" und "E628.E8".

In seinen teils monströsen Büchern, die mit sardonischer Grausamkeit und schonungslosem Spott Großmannssucht, Korruption und Gier der großbürgerlichen Gesellschaft Frankreichs aufs Korn nehmen, ist er seiner Zeit voraus.

Kurz vor Ausbruch des 1. Weltkrieges beschreibt er in seinem Reiseroman "E628.E8" eine kuriose Reise von Frankreich nach "Sodom Berlin", direkt in das Herz wilhelminischen Größenwahns.

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