Prozess gegen Harvey Weinstein

Kaum Veränderung in Hollywood - trotz #MeToo

04:41 Minuten
Der Filmproduzent Harvey Weinstein mit Rollator vor einem Gerichtsgebäude in Manhattan. Er wird von einer Person gestützt. Um ihn herum: Polizisten und Anwälte.
Filmproduzent Harvey Weinstein erschien mit Rollator vor Gericht - und wurde gestützt. © John Angelillo / imago images / UPI Photo
Von Katharina Wilhelm · 06.01.2020
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Der Prozess gegen Harvey Weinstein hat begonnen. Zahlreiche Frauen werfen ihm sexuelle Übergriffe bis hin zur Vergewaltigung vor. Zwar ist die Aufmerksamkeit für Sexismus gestiegen, doch strukturell hat sich in Hollywood nicht viel geändert.
Kevin Spacey, Placido Domingo, Steven Segal, oder James Franco – dies sind nur ein paar Personen, denen vorgeworfen wird, andere Menschen sexuell missbraucht oder belästigt zu haben. Über 200 Namen sind es, die seit dem Bekanntwerden der Vorwürfe gegen den Filmproduzenten Harvey Weinstein kursieren. Die meisten Beschuldigten bestreiten die Vorwürfe.
Nur Comedian Louis C. K. hat zugegeben, dass die Vorwürfe in seinem Fall berechtigt sind: Er hatte vor anderen Frauen masturbiert – ohne deren Einwilligung. Diverse Sender kündigten daraufhin die Zusammenarbeit mit ihm auf. Es wurde kurz still um ihn, bis sich C. K. in der zweiten Jahreshälfte 2019 mit einem Comedy-Programm zurückmeldete. Von großer Reue allerdings keine Spur.

Wie mit Beschuldigten umgehen?

Wie geht man mit Tätern oder Beschuldigten um? Ist es okay, dass einige von ihnen so schnell wieder im Rampenlicht stehen? Genau das sind einige der drängendsten Fragen mehr als zwei Jahre nach dem Weinstein-Skandal. Die Antwort darauf ist nicht so einfach.
Tarana Burke, die die #MeToo-Bewegung gründete, sagte im öffentlichen Radionetzwerk NPR, um sexuelle Gewalt langfristig zu eliminieren, müsse man genau darüber reden: "Man kann diejenigen, die andere bedroht haben, nicht einfach am Straßenrand zurücklassen. Aber sie dürfen sich auch nicht über die Hintertür wieder in die Gesellschaft hinein schleichen. So zu tun, als sei nichts passiert, ist nicht die Antwort. Es sollte eine Erwartung geben, dass Täter eine dramatische Verhaltensänderung an den Tag legen müssen."

Aufmerksamkeit für Sexismus ist gestiegen

Burke steht wie viele andere Frauen aus der #MeToo- und der #TimesUp-Bewegung dafür, dass sich grundlegende Strukturen in der Gesellschaft ändern müssen. Seit dem Weinstein-Skandal ist die Aufmerksamkeit für diese Themen angestiegen. In Hollywood wird mehr darüber gesprochen, wie sich Frauen in Filmproduktionen zum Beispiel besser gegen aufgezwungene Nacktszenen zur Wehr setzen können.
Die #TimesUp-Bewegung hat einen Fonds eingerichtet, um Opfern sexueller Gewalt anwaltlichen Beistand zu ermöglichen. #MeToo ist nicht in Vergessenheit geraten. Das Thema ist immer noch da und füllt sogar die große Kinoleinwand. Aktuell wird zum Beispiel im Film "Bombshell" die Geschichte der "Fox"-Journalistinnen Gretchen Carlson und Megyn Kelly erzählt, die sich gegen ihren "Fox News"-Chef Roger Ailes wehrten, der sie sexuell belästigt hatte.

Veränderungsprozess in Hollywood ist langsam

So sehr es auch Erfolge gibt und sich weiter offenbar Opfer trauen, ihre Geschichte zu erzählen - der Veränderungsprozess in Hollywood ist langsam. Noch immer ist das Studiosystem in größtenteils männlicher Hand. Noch immer sind Frauen und Männer in den Jobs nicht gleichgestellt und auf der strafrechtlichen Seite sieht es auch noch mager aus: Bisher wurde gerade einmal Bill Cosby wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt. Gegen Kevin Spacey wurde gerade erst eine Klage fallengelassen. Noch ermittelt wird unter anderem gegen den Opernsänger Placido Domingo.
Die Schauspielerin Rose McGowan und weitere Frauen hielten vor dem Gerichtsgebäude in Manhattan eine Pressekonferenz zum Prozessauftakt ab.
Die Schauspielerin Rose McGowan und weitere Frauen hielten vor dem Gerichtsgebäude in Manhattan eine Pressekonferenz zum Prozessauftakt ab.© John Angelillo / imago images / UPI Photo
Und Weinstein? "Wenn Harvey Weinstein für seine Taten verurteilt wird, dann ist das vielen Opfern wohl mehr Wert als Geld", meint Matt Belloni vom "Hollywood Reporter". Er meint damit die Einigung, die zwischen Weinstein und einigen anderen Frauen erzielt wurde: 25 Millionen Dollar ist diese Einigung in einem zivilrechtlichen Verfahren Wert gewesen. Das Geld wird allerdings wohl vor allem von Versicherungen gezahlt, nicht aus Weinsteins eigener Geldbörse.

Weinstein fühlt sich weiter missverstanden

In einem "New York Post"-Interview äußerte sich Weinstein kürzlich zu seiner Causa - und das für viele ziemlich überraschend: Er fühle sich missverstanden, sagte er, habe er doch viel für Frauen in der Filmbranche getan. Noch immer bestreitet Weinstein, dass er den über 80 Frauen, die ihn beschuldigen, etwas angetan haben könnte. Dass er so wie andere mutmaßliche Täter wieder Fuß fassen könnte in Hollywood – das scheint allerdings angesichts der Schwere der Anschuldigungen derzeit kaum möglich.
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