Proteste gegen TTIP und CETA

Wie kann ein gerechter Welthandel aussehen?

Mitglieder des Bündnis "CETA & TTIP stoppen!" werben am 14.09.2016 in Berlin mit Bannern, Plakaten und Ballons, die den Schriftzug "Stop CETA" bilden. Sie wollen für die Demonstration am 17.09.2016 gegen die Wirtschafts- und Handelsabkommen CETA und TTIP werben.
Mitglieder des Bündnis "CETA & TTIP stoppen!" bilden in Berlin mit Ballons den Schriftzug "Stop CETA". © picture alliance / dpa / Britta Pedersen
Moderation: Klaus Pokatzky · 17.09.2016
Demonstrationen in sieben Großstädten gegen die Handelsabkommen TTIP und CETA: Die internationale Handelspolitik erntet heftigen Widerspruch. Der Ökonom Rolf Langhammer und Ernst-Christoph Stolper vom Bündnis "TTIP unfairhandelbar" diskutieren über die Gründe.
"Für einen gerechten Welthandel! CETA & TTIP stoppen!" Unter diesem Motto wird an diesem Samstag in sieben deutschen Großstädten demonstriert: in Berlin, Hamburg, Köln, Leipzig, München, Stuttgart und Frankfurt am Main. Die Veranstalter erwarten etwa 250.000 Menschen.
Größte Proteste seit der Friedensbewegung
"Die Protestbewegung gegen TTIP ist die größte seit der Friedensbewegung in den 80er-Jahren",
sagt Ernst-Christoph Stolper. Der Politikwissenschaftler und ehemalige grüne Staatssekretär im rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerium gehört zu den versiertesten Freihandelskritikern Deutschlands. Im Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) engagiert er sich in Fragen der internationalen Handelspolitik und gehört zu den Initiatoren der europäischen Bürgerinitiative gegen TTIP und CETA.
"Weil es um etwas geht, worum wir lange gekämpft haben: um soziale und ökologische Standards, um Demokratie, um die Zukunft des Rechtsstaats. Mit TTIP würden viele Rechte stark eingeschränkt."
Stolper setzt sich seit Langem für einen gerechten Welthandel ein.
"Es gibt Tausende von anderen Problemen, die wichtiger wären, als der Freihandel: die Arbeitslosigkeit, der Klimawandel, die Armut – auch die Flüchtlinge. Wir sollten uns diesen wichtigen Problemen zuwenden, und die Freihandelsideologie in die Tonne kloppen. Was nicht heißt, dass es nicht Abkommen geben sollte. Deutschland hat im nächsten Jahr die G-20-Präsidentschaft inne. Das wäre eine gute Gelegenheit, zu schauen: Wie kann mit den 20 wichtigsten Ländern diese Ziele umsetzen? Punkt zwei: Der Handel muss fair gestaltet sein und den Entwicklungs- und Schwellenländern die Möglichkeit geben, sich zu entfalten."
Ungleichheiten im Handelsgeschehen
"Gerecht ist, wenn ich nicht diskriminiere zwischen Begünstigten und Nichtbegünstigten", sagt Prof. Dr. Rolf Langhammer, ehemaliger Vize-Präsident des Instituts für Weltwirtschaft Kiel. Es gebe jedoch jede Menge an Ungleichbehandlung im Handelsgeschehen: Die Landwirtschaft werde extrem begünstigt, in der Entwicklungszusammenarbeit würden Ländern Zollpräferenzen eingeräumt. "Aber die Probleme liegen nicht auf der Nachfrageseite, sondern auf der Angebotsseite: Wer investiert schon in Länder, wo es korrupt zugeht, wo Kriege herrschen – das sind schlechte Rahmenbedingungen."
Die Forderung nach einem gerechten Welthandel sieht der Ökonom mit Skepsis.
"Da habe ich eine radikale Position: Ich glaube, wir können es nicht. Wir vermischen den Handel mit zu vielen anderen Zielen, wie der Verteilung oder dem Umweltschutz. Aber das ist, als wollten Sie mit einem Stein nach zwei Vögeln werfen – es funktioniert nicht. Wir versuchen, den Handel in Beschlag zu nehmen, weil wir glauben, dass wir damit Gerechtigkeit schaffen. Aber das ist eine Illusion."

Wie kann ein gerechter Welthandel aussehen? Darüber diskutiert Klaus Pokatzky heute von 9 Uhr 05 bis 11 Uhr mit Prof. Dr. Rolf Langhammer und Ernst-Christoph Stolper. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der Telefonnummer 00800 2254 2254, per E-Mail unter gespraech@deutschlandradiokultur.de – und auf Facebook und Twitter.

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