Projekt "Kantine Zukunft"

Weg von der Currywurst

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Verschiene Gemüsesorten wie Paprika, Rotkohl, Lauch, Zucchini, Kartoffeln und weitere, liegen nebeneinaner.
Das Projekt „Kantine Zukunft “ will die Gemeinschaftsverpflegung verbessern. © unsplash / Chantal Garnier
Ulrike Jährling im Gespräch mit Marietta Schwarz · 05.06.2021
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Bio, weniger Tierisches, lecker und gesund: Mit "Kantine Zukunft" soll in Berlin eine Ernährungswende angestoßen werden. Für das Projekt, das neue Ideen für die Großküchen entwickelt, arbeitet unter anderem der Spitzenkoch Patrick Wodni.
Bei Kantinenküche denkt man eher nicht an Kulinarik. In der Großküche gesund, lecker, nachhaltig – und auch noch preiswert kochen: Das klingt wie eine unlösbare Aufgabe. Die rot-rot-grüne Regierung in Berlin geht aber mit "Kantine Zukunft" im großen Stil eine Ernährungswende genau in diese Richtung an.
Patrick Wodni steht nach einer Pressekonferenz zur Vorstellung der "Kantine Zukunft Berlin" neben dem Logo des Projektes.
Patrick Wodni, stellvertretender Projektleiter und Koch der "Kantine Zukunft Berlin".© picture alliance / dpa / Christoph Soeder
Für das Projekt arbeitet unter anderem der Spitzenkoch Patrick Wodni, der erklärt, was er an der Aufgabe der Gemeinschaftsverpflegung so spannend findet: "Mit diesem Versorgungsauftrag erreiche ich im Grunde alle Menschen, alle Altersklassen, auch alle sozialen Schichten. Und da geht es nicht darum, ob die Person sich ein Essen leisten kann oder nicht. Sie bekommt es."

Konzepte für kommunale Ernährungspolitik

Er hat fast die Hälfte seines Lebens in diesem Beruf verbracht und genießt nun die Mischung aus Kochhandwerk und der Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern und Raumplanern.
Dabei geht es darum, Konzepte für die kommunale Ernährungspolitik zu erstellen und am Ende leckere Gerichte anzubieten. Im Kochbuch von "Kantine Zukunft" findet man zum Beispiel "Gesprossenen Roggen mit Kohlrabi und Molke-Sauce".
Die Realität in den Großküchen sieht aber meist ganz anders aus, erzählt Patrick Wodni: "Wir gucken jetzt mal auf die meistverkauften Gerichte in den Kantinen seit Jahren. Und dann haben wir immer Schnitzel, Spaghetti Bolognese, Currywurst, das ganze Gedöns. Eins haben alle Gerichte gemeinsam: Es ist viel Fleisch drin."

"Das ist schon so ein Gewinneressen"

Dass das auch ganz anders geht, erklärt Robert Kappa, der für die Kita Fröbelspatzen kocht, die am Projekt teilnimmt: "Heute gab es Gemüsepuffer: aus Weißkohl, Möhre, Kartoffel, Pastinake. Im Grunde ist es ein Kartoffelpuffer mit einem großen Gemüseanteil. Der wird angereichert mit Haferflocken, da kommen Sonnenblumenkerne rein, da kommen Kürbiskerne mit ran. Ich schmecke das Ganze mit ein bisschen Thymian ab, mit Knoblauch und einer geriebenen Zwiebel."
Dazu gab es einen Joghurt-Dip und Salat, erzählt er: "Die Kinder sind da superheiß drauf - das ist schon so ein Gewinneressen!" Die Vorräte im Trockenlager der Kitaküche sind zu 100 Prozent Bio, außer ein paar Altbeständen aus der Zeit vor "Kantine Zukunft". Um im Kostenrahmen zu bleiben, müsse man sich von den "ganzen fertigen Dingen" verabschieden, erklärt er.
Das Mehr an Arbeit sei aber zu schaffen, sagt Robert Kappa: "Wir haben hier ein sehr ausgewogenes Team mit einer sehr, sehr flachen Hierarchie. Wir helfen uns alle gegenseitig."

Tierische Produkte sind teuer

"Viel Geld kosten tierische Produkte", erklärt auch Patrick Wodni. "Viel Geld kosten vorverarbeitete Produkte, Convenience-Produkte. Wenn man die schon mal stark reduziert, werden Mittel frei, um unverarbeitete landwirtschaftliche Rohprodukte zu kaufen. Umso mehr muss ich natürlich aber auch meine Speisepläne umschichten."
Radikal will "Zukunft Kantine" jedoch nicht sein. "Wir bieten die Currywurst weiterhin an", sagt der Spitzenkoch. Aber es ist dann eine gute Wurst, die Sauce ist selbst gemacht und dann wird das Ganze ein "gutes Essen", betont er – für manchmal.
(hum)
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