Probleme bei der Pandemiebekämpfung

Der Datenschutz wird zum Sündenbock gemacht

12:56 Minuten
Eine Illustration zeigt ein Mädchen vor ein überdimensionalen Smartphone-Bildschirm auf dem das Coronavirus dargestellt ist.
Dass ein vermeintlich übertriebener Datenschutz für Misserfolge bei der Pandemiebekämpfung verantwortlich gemacht wird, ist Eva Wolfangel zufolge zum Teil auf Unkenntnis zurückzuführen – etwa was die Wirksamkeit der Corona-Warnapp angeht. © imago / fStop Images / Malte Mueller
Eva Wolfangel im Gespräch mit Vera Linß und Marcus Richter · 24.04.2021
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In der gegenwärtigen Debatte um Probleme der Pandemiebekämpfung sieht die Journalistin Eva Wolfangel auch Kräfte am Werk, denen es generell um eine Aufweichung des Datenschutzes geht. Doch nicht der Datenschutz sei für die Probleme verantwortlich.
Nicht der Datenschutz ist für die Probleme bei der Pandemiebekämpfung in Deutschland verantwortlich. Das meint die Journalistin und Kulturwissenschaftlerin Eva Wolfangel und widerspricht damit einer derzeit häufig geäußerten Auffassung – etwa seitens des Philosophen Julian Nida-Rümelin oder Tübingens Oberbürgermeisters Boris Palmer.

Keine Daten fehlen

Nach allem, was ihr Expertinnen und Experten gesagt hätten, sei es es "eigentlich andersherum", so Wolfangel.
"Auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber hat gesagt, dass er verschiedene Gesundheitsämter gefragt hat: Braucht ihr irgendwelche Daten? Was fehlt euch noch? Die Antwort ist immer: Uns fehlt nichts. Wir haben alle Daten, die wir brauchen. Es ist nicht der Datenschutz."
Dass dennoch ein vermeintlich übertriebener Datenschutz für Misserfolge bei der Pandemiebekämpfung verantwortlich gemacht wird, ist der Journalistin zufolge zum Teil auf Unkenntnis zurückzuführen – etwa was die Wirksamkeit der Corona-Warn-App angeht.
"Ich glaube, wir sind jetzt bei 27 Millionen Downloads, 70 bis 80 Prozent der Nutzer teilen ihr positives Testergebnis. Da kommen Zahlen zusammen, die würden manuell meiner Ansicht nach überhaupt nicht erreicht werden können."

Hören Sie neuen, um eine anonyme Check-In-Funktion erweiterten Corona-Warn-App auch den Beitrag von Pia Behme:
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"Wir haben den Datenschutz nicht aus Spaß"

Außerdem sieht Wolfangel in der derzeitigen Debatte um Datenschutz auch Kräfte am Werk, die generell ein großes Interesse an weniger Datenschutz haben, um mehr Daten zu sammeln: Behörden und natürlich vor allem Geheimdienste.
So sei ihr bei der Lektüre der Biografie von Edward Snowden kürzlich noch einmal klar geworden, "dass diese Dinge, die oft als Verschwörungstheorie gebrandmarkt werden, wahr sind, also dass die Behörden und Geheimdienste Ermittler einfach aus Prinzip alles sammeln, was sie kriegen können".
Eine Folge der gegenwärtigen Diskussion um Datenschutz könnte sein, dass sich in den Köpfen der Menschen das Mantra vom Datenschutz als Verhinderer einer effizienten Pandemiebekämpfung festsetze, befürchtet Wolfangel und betont noch einmal dessen Wichtigkeit: "Wir haben den Datenschutz ja nicht aus Spaß und nicht, weil er nichts bringt, sondern eben aus leidvoller Erfahrung von unter anderem Diktaturen, wo eben diese Freiheitsrechte eingeschränkt waren." Das jetzt auszuhebeln, halte sie für "wahnsinnig gefährlich".
(uko)
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