Pro und Contra Schulöffnung

"100-prozentige Sicherheit wird es nicht geben können"

07:44 Minuten
Schüler und Schülerinnen der Städtischen Integrierten Gesamtschule Paffrath gehen durch den Eingang der Schule, an dessen Scheiben Hinweiszettel kleben, die auf die Maskenpflicht und die Abstandsregeln hinweisen.
In manchen Regionen haben die Schulen trotz hoher Inzidenzzahlen wieder geöffnet. © picture alliance/dpa | Federico Gambarini
Moderation: Axel Rahmlow · 15.03.2021
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Schulen öffnen - ja oder nein? Diese Frage begleitet die Coronakrise von Anfang an. Sabine Reißig von #BildungaberSicher und der Präsident des deutschen Lehrerverbandes diskutieren über die schwierige Balance zwischen Gesundheitsschutz und Bildungsauftrag.
Viele Schüler in Deutschland sind heute zum ersten Mal seit langem wieder in die Schule gegangen. In Kommunen, in denen die Inzidenz – also die Fälle pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner in den letzten sieben Tagen – unter 100 liegt, bieten die Schulen wieder Wechselunterricht an. Weil die Corona-Zahlen aber steigen, halten Kritiker das für gar keine gute Idee.
"Uns geht es darum, dass Schulen sicher sind. Wenn das nicht gewährleistet ist, dann müssen Schulen geschlossen bleiben", sagt auch Sabine Reißig, Mitgründerin der Initiative #BildungaberSicher. Das sei im Moment nicht der Fall.
"Es reicht einfach nicht, dass in den Schulen nur gelüftet wird, keine Luftfilter da, die Tests, die versprochen wurden, sind nicht da, die Lehrer sind zwar in manchen Bundesländern geimpft, aber das hilft den Schülern nicht weiter", sagt Reißig.

Balance von Gesundheitsschutz und Bildungsauftrag

"Es wird auf der einen Seite wahrscheinlich keine 100-prozentige Sicherheit geben können", gibt Heinz Peter Meidinger, Präsident des deutschen Lehrerverbandes, zu bedenken. "Andererseits sehen wir natürlich auch, was Schulschließungen mit Kindern und Jugendlichen anrichten." Dieser Balance zwischen Gesundheitsschutz und Bildungsauftrag werde man nicht gerecht, wenn man beispielsweise der Empfehlung von SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach folge, "und gleich alle Schulen unabhängig vom Infektionsgeschehen vor Ort gleich wieder dichtmache".
Reißig verweist dagegen auf die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts (RKI), Schulen ab einer Inzidenz von 50 geschlossen zu halten beziehungsweise in den Wechselunterricht zu gehen. "Alles andere ist in unseren Augen unverantwortlich", meint sie. "Die Eltern sind verängstigt, die haben Sorgen um ihre Kinder", das zeige sich auf den sozialen Plattformen von #BildungaberSicher. Gerade Familien mit Vorerkrankungen dürften nicht in den Präsenzunterricht gezwungen werden.

Einige Kinder von der Präsenzpflicht befreien

Bei solch schwierigen Fällen sollte es Möglichkeiten geben, die Kinder von der Präsenzpflicht zu befreien, meint auch Meidinger. Auch er rät dazu, sich nach den Vorgaben des RKI zu richten, Schulen ab einer Inzidenz von 100 komplett zu schließen. "Was mir Sorge macht ist, dass es tatsächlich auch Länder gibt, die bei Inzidenzen von deutlich über 100 aufmachen, das halte ich für nicht vertretbar." Ebenso wenig vertretbar sei jedoch, Schulen in Landkreisen mit deutlich niedrigeren Inzidenzen dicht zu machen.
"Wir gehen davon aus, dass Ende der Woche die Schulen wieder geschlossen werden müssen, weil die Inzidenzzahlen zu hoch sind. Es gibt Long-Covid, also Langzeitschäden für die Kinder, das sollten wir nicht vergessen", betont Reißig.
"Wir müssen alles tun, um Schulen offen zu halten, solange es verantwortbar ist", sagt Meininger. "Dazu gehört, dass wir ganz schnell Fortschritte kriegen bei der Impfung von Lehrkräften, bei den Schnelltestungen. Ich gebe auch zu: Wir brauchen eine qualifizierte Maskenpflicht auch im Unterricht."
(cwu)
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