"Prepper – Bereit für den Untergang"

Der Wunsch, nicht ausgeliefert zu sein

12:17 Minuten
Gabriela Kellersteht vor einer Betonwand. auf der an manchen Stellen Farbkleckse sind. Sie trägt eine hellbraune Hose und ein schwarzes Oberteil.
Investigativjournalistin Gabriela Keller hat bei ihrer Recherche auch an Prepper-Workshops teilgenommen. Viele Teilnehmer hätten sich schon einmal ohnmächtig gefühlt, sagt sie. © Jacobia Dahm
Gabriela Keller im Gespräch mit Maike Albath · 13.02.2021
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Gabriela Keller beschreibt in "Prepper – Bereit für den Untergang" die Szene derer, die sich auf den Notfall vorbereiten. Vielen gehe es um das Gefühl von Kontrolle, sagt die Journalistin. Gefährlich werde es am rechten Rand.
Prepper legen Vorräte für den Katastrophenfall an und wollen meist auch in der Wildnis auf sich gestellt zurechtkommen. Das Spektrum an Preppern sei weit, sagt Gabriele Keller, Investigativjournalistin vom Netzwerk "correctiv": "Die Spannbreite der möglichen Szenarien, die Preppern vorschweben, sind so unterschiedlich wie die Prepperszene selbst", so Keller.

Vorbereitung auf den Notfall

Der kleinste gemeinsame Nenner der Prepper bestehe darin, dass sie auf alle möglichen Schreckensszenarien vorbereitet sein wollen, erläutert die Journalistin. Wo es Schnittmengen mit Verschwörungsideologien und Rechtsextremismus gibt, müsste ihrer Meinung nach der Staat genauer hinschauen. Verfassungsschutz und Sicherheitsbehörden würden aber immer von Einzelfällen sprechen. "Das ist natürlich eine Verharmlosung", sagt Keller, die für die Recherche auch selbst an Survival-Camps und Prepping-Workshops teilgenommen hat.
In "Prepper – Bereit für den Untergang" beleuchtet sie die Szene: "Das fängt an bei Leuten, die sich für ganz kleine Ausfälle von Infrastruktur mit einem kleinen Handlager von Konserven vorbereiten, also auf eine vorübergehende Störung der Ordnung", erklärt die frühere Nahost-Korrespondentin. "Dann geht es hoch bis zum kompletten Armageddon, wo Leute glauben, sie müssen sich bereit machen auf einen kompletten Zusammenbruch der Gesellschaft, der mit mörderischen Gewaltexzessen, mit Mord und Totschlag, mit Versorgungsnöten einhergeht, eine Mischung aus dem biblischen Armageddon und dem Dreißigjährigen Krieg."

Hypermodus von Katastrophen

Keller antwortet auf die Frage nach den Ursachen, warum jemand Prepper werde: "Wir leben in einer Zeit, die sehr krisenfokussiert ist." Die Menschen seien in "einem ständigen Hypermodus, wo auch kleinere Unpässlichkeiten in den Medien schnell zu einer Katastrophe hochgejazzt werden". Zudem gebe es sehr viele blutrünstige, sozialdarwinistische Vorstellungen von Dystopien in der Unterhaltungsindustrie. Und: "Viele Prepper, die ich traf, haben tatsächlich irgendeine Erfahrung von Ohnmacht in ihrem Leben gemacht", berichtet Keller.
Das reiche vom einfachen Stromausfall bis zum Hochwasser. "Eine Frau war von dem Hochwasser in Dresden betroffen und musste dann irgendwie aus ihrem Haus flüchten", erzählt Keller. Sie habe beim nächsten Mal schlicht besser vorbereitet sein wollen. Das sei ein durchaus vernünftiger Wunsch, auch die Bundesregierung empfehle schließlich, für zehn Tage Essen und Trinkwasser vorrätig zu haben. "Was mir oft begegnet ist, ist so ein Wunsch von Kontrolle, Wissen, was zu tun ist", so die Journalistin, "man möchte nicht ausgeliefert sein, man möchte der- oder diejenige sein, die die Lage im Griff hat."

Schnittmengen mit Rechtsextremismus

Daneben gebe es aber auch gefährliche Auswüchse: Es könne in eine Art von sozialdarwinistischen und nihilistischen Vorstellungen von Instabilität und kommenden Katastrophen kippen. "Man bekommt es da schnell zu tun mit Schnittmengen ins rechtsextreme Milieu", sagt Keller.
Rechtsextremismus sei seit den ersten Jahren der Bundesrepublik sehr stark verknüpft mit einem Gefühl von Krise. Die Bundesrepublik oder die Demokratie werde in diesen Kreisen als ein fehlerhaftes, schlecht funktionierendes, nicht solides Konstrukt angesehen. In den Augen dieser Prepper werde und müsse die Bundesrepublik früher oder später zusammenbrechen. Mitunter fühlten sie sich dann motiviert, selber etwas zu tun, um diesen Zusammenbruch zu beschleunigen.
"Es gab mehrere rechte Prepper-Gruppen, die aufgeflogen sind, weil sie diese Planspiele sehr weit getrieben haben – so weit, dass die Sicherheitsbehörden alarmiert waren; in dem Sinne, dass es als Vorbereitung von terroristischen Anschlägen ermittelt wird."

Verfassungsschutz und Sicherheitsbehörden gefragt

Keller findet es angebracht, genauer hinzuschauen: "Es bringt natürlich nichts, jeden Prepper unter Generalverdacht zu stellen." Gleichzeitig besorgten sich Leute Waffen, gebe es personelle und ideologische Schnittmengen ins Rechtsextreme. "Wenn man den Chats folgt - die Chatgruppen sind ja zum Teil auf Telegram – werden auch erschreckende Gewaltfantasien ausgetauscht, zusammen mit Verschwörungsideologien und ungebremsten rassistischen Schwadronierereien."
Sie habe bei ihrer Recherche bei den Verfassungsschutzämtern und bei den Sicherheitsbehörden nachgefragt: "Da kommt dann einfach: Wir sehen keine Schnittmengen oder keine systematischen Überschneidungen. Dann sind das alles Einzelfälle. So ist es ja lange Zeit auch behandelt worden."
(mfu)

Gabriele Keller: "Prepper - Bereit für den Untergang"
Verlag Das Neue Berlin, Berlin 2021
224 Seiten, 18 Euro

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