Preacher-Slam in Bremen

Pfarrer treten gegen Poeten an

Der Talar, sozusagen die Dienstkleidung, einer evangelischen Pfarrerin.
Talar einer evangelischen Pfarrerin - zum Slam traten die Prediger allerdings nicht in Dienstkleidung an. © picture alliance / dpa / Peter Endig
Von Almuth Knigge |
Volles Haus in der Kirche und es ist nicht Weihnachten: Stattdessen ist Preacher-Poetry-Slam. Poetry-Slam, das kennen die meisten. Was aber ist ein Poetry-Preacher-Slam? In der Kirche? Was soll das? Mission 3.0? Almuth Knigge war in der Kultur-Kirche in Bremen dabei.
Älterer Mann: "Hätte ich nicht gedacht."
"Was haben sie denn nicht gedacht?"
"Erstens, dass es so voll ist - ich kam zu spät, ich sag zu meiner Frau, na lass uns früh genug gehen und die sagt. Nein, wird nicht so voll und da kamen wir an, ist proppenvoll."
Wenn die Kirche schon mal voll ist – dann ist bestimmt kein Gottesdienst
"Herzlich willkommen zum ersten Bremer Poetry-Preacher-Slam."
Poeten und Poetinnen treffen sich in poesiearmer Zeit. Das ist Poetry-Slam. Okay.

Jeder hat sieben Minuten Zeit

Moderator: "Wir haben insgesamt acht Poeten und Pastoren. Jeder hat sieben Minuten Zeit seinen selbst geschriebenen Text vorzutragen, das Matthäus-Evangelium auszupacken und vorzulesen, ist nicht angebracht an dieser Stelle ..."
Besser wäre auch – die Offenbarung – denn das Thema ist:
"Ganz zart - 'Apokalypse Now'."
Apokalypse - klar - natürlich ist das ein gutes Thema in diesen Zeiten. Untergangsszenarien haben ja Hochkonjunktur. Das Wetter ist mies, es will nicht recht Frühling werden, die Wahlergebnisse der AfD schlagen auf das Gemüt. Erklärte Zweifler und Desillusionisten, Rapper und Reimer, Geschichtenerzähler auf der Bühne - und jetzt auch noch Pastoren – muss das denn sein? Die haben doch ihre Kanzel.

In den Sonntagspredigten manchmal gefangen

Pastor Lars Schütz: "Die Poeten haben immer die schöne Gelegenheit, die Grenzen des Denkens flüssig zu machen, die Freiheit der Worte. Wir sind da ja doch in den Sonntagspredigten manchmal gefangen ein wenig in dem intellektuellen denkenden Sprachgebilden. Das stört manchmal."
"Warum, kann man nicht einfach mal so auf der Kanzel?"
Schütz: "Kann man auch, ja."
Aber?
Schütz: "Ich mag das selber nicht, wenn Kirche versucht, durch hippe, trendige Sachen Boden gut zu machen, so Kirche durch die Hintertür."
Menschen, die auf die Bühne drängen und ihr Publikum mit Witz und Aberwitz, Pastoren, die ihre Zuhörer mit Texten zum Lachen oder um den Verstand bringen.
Pastorin Ragna Miller: "Die Form ist toll und mutig, diese Sachen auszuprobieren - also nicht in so einem klassischen Predigtsprech zu sein, sondern was anderes auszuprobieren."
Pimp the Predigt oder Publikumspunkte für den Pastor - ginge das auch sonntags? Oder gleich ein Priester-Battle um die Schäfchen-Gunst? Wäre im Zeitgeist.
Junge Frau: "Ich würde es nicht unbedingt als Battle sehen, sondern eher als Austausch zwischen den verschiedenen Gruppen. Ich meine, so wie sich jetzt hier ein Priester ausdrückt über den Glauben oder irgendwelche Fragen - das würde er so in der Kirche nicht machen und das ist auch einfach interessant, das mal so in ganz anderer Form zu hören und nicht in so 'ne Predigt, die doch manchmal ein bisschen einschläfernd ist, sondern in einer aufgeweckteren Form."
"Ist das denn was, um die Leute wieder in die Kirche zu kriegen?"
"Es geht nicht darum, die Leute wieder in die Kirche zu kriegen, es geht um Inspiration - egal wo."
Aber es kann auch in der Kirche sein.
Älterer Mann: "Also ich finde es hochinteressant und überraschend gut."

Publikumspunkte für den Pastor?

Man stelle sich vor – Publikumspunkte für den Pastor.
Publikum: "Also ich geh ja auch in die Kirche, so ist es nicht. Aber es ist trotzdem interessant, es auch mal so anders zu hören. Und sonntags, gerne - verschrecken wir vielleicht andere Kirchenbesucher aber. Aber dann würden vielleicht mehr Leute in die Kirche kommen - mehr jüngere Leute."

Die Teamwertung gewonnen haben übrigens die Profi-Poeten. Aber den Sieg des Abends nimmt Ragna Miller mit nach Hause - Pastorin - aber die hatte ja auch quasi ein Heimspiel.
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