Fotograf Frank Gaudlitz

Ganz nah dran

32:54 Minuten
Ein sportlicher Mann mit Glatze steht vor einer Pflanze mit großen, grünen Blättern und blickt in die Kamera.
Muss sich desöfteren gegen zu viel Gastfreundschaft wehren, wenn er auf Reisen ist: der Fotograf Frank Gaudlitz. © Julia Greger
Moderation: Ulrike Timm · 27.04.2022
Audio herunterladen
Nach Umwegen über Berufe wie Fußbodenleger und Heimleiter entdeckte Frank Gaudlitz das Fotografieren für sich. Der sozial-dokumentarische Blick des mehrfach preisgekrönten Fotografen konzentriert sich vor allem auf Russland und Südamerika.
"Wenn man sich auf Reisen begibt und offen ist, lernt man zwangsläufig Menschen kennen”, sagt der Potsdamer Fotograf Frank Gaudlitz - auch Menschen, die bereit sind, sich fotografieren zu lassen.
Auf einer Reise entlang der Donau bat Gaudlitz seine Bekanntschaften, “sich schön zu machen”, und lichtete sie dann in ihren eigenen vier Wänden ab. “Die Schwierigkeit ist gar nicht so sehr, hineinzukommen und die Menschen zu fotografieren, sondern wieder hinauszukommen, ohne einen Schnaps oder etwas zu essen.” Damit er sich der überbordenden Gastfreundschaft entziehen konnte, mussten die Dolmetscher gelegentlich streng auf anstehende Termine verweisen.

Bauern, Roma-Kinder, Transfrauen

Aus den Bildern von Reisen durch Osteuropa, Russland und Südamerika sind einige Bände mit beeindruckenden Porträt-Fotografien entstanden. Modell standen russische Bauern oder Roma-Kinder, auch Transfrauen am Amazonas. Die Aufträge für diese Projekte erteilt sich Gaudlitz selbst - sie sind die Kür für den Fotografen, jenseits der Brotjobs in der Heimat.
“In Russland habe ich nie in Hotels geschlafen", erzählt er: "Und so ähnlich reise ich immer noch.” Wenn man als Fotograf nicht aus einem Hotel steige und mit dem Jeep vorfahre, sondern mit Rucksack zu Fuß unterwegs sei und auf dem Markt esse, dann helfe das dabei, mit den Leuten ins Gespräch zu kommen.

Vom Fußbodenleger zum Fotografen

Zur Fotografie kam Gaudlitz vergleichsweise spät. Gelernt hat er zu DDR-Zeiten Maler und Fußbodenleger. “Ich habe diese Arbeit dann irgendwann aufgegeben, die hat mich nicht mehr so sehr interessiert. Es musste noch was anderes her. Ich habe mich dann für ein Erzieherstudium beworben.”
Gaudlitz wurde Leiter eines Lehrlingswohnheims und baute dort eine Galerie auf. “Eine Ausstellung wurde mir mehr oder minder zum Verhängnis - das waren Fotografien von Matthias Leupold und der Gruppe 'Nach uns die Zukunft'. Die hing drei Tage, dann war die Staatssicherheit da, und ich war meinen pädagogischen Dienst los.”

“Weglaufen ist nicht mein Ding”

Das Angebot, in den Westen zu gehen, wollte er nicht annehmen. “Das fand ich völlig absurd, weil ich dachte, das System muss doch verbessert, verändert werden. Dieses Weglaufen, dahin, wo es einem dann scheinbar besser geht, das ist nicht mein Ding.”

Redaktionell empfohlener externer Inhalt

Mit Aktivierung des Schalters (Blau) werden externe Inhalte angezeigt und personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt. Deutschlandradio hat darauf keinen Einfluss. Näheres dazu lesen Sie in unserer Datenschutzerklärung. Sie können die Anzeige und die damit verbundene Datenübermittlung mit dem Schalter (Grau) jederzeit wieder deaktivieren.

Aus der Arbeitslosigkeit heraus bewarb sich Gaudlitz stattdessen an der renommierten Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig. Er wurde als einer von vier Studenten des Jahrgangs angenommen - entgegen der Empfehlung der Parteileitung seines ehemaligen Betriebs.
Das rechnet er der Hochschule noch immer hoch an. Dass die Entscheidung für ihn richtig war, dafür sprechen neben seinen Fotos und Bildbänden inzwischen auch diverse Auszeichnungen, wie der Brandenburgische Kunstpreis oder der Deutsche Fotobuchpreis in Silber.
(mah)
Mehr zum Thema