Porträt

Bilder für die Ewigkeit

Von Peter Kaiser · 24.01.2014
Er fotografierte Menschen in einer Art und Weise, die sie zu Ikonen werden ließen: nackt, angezogen, in gestellter Pose oder als Momentaufnahme. Vor zehn Jahren starb Helmut Newton in Los Angeles bei einem Autounfall.
Museumsführer Carl-Peter Steinmann: "So, kommen sie ruhig noch durch…Die Fotografin, deren Fotos wir hier sehen, Yva, Sie hatte (...) die Etage gemietet. (...)."
Die letzte Führung am 9. Dezember 2013 durch das legendäre Hotel Bogota in der Westberliner Schlüterstraße, nahe dem Kurfürstendamm, begann im 4. Stock. Dort hatte in den 1930er-Jahren die jüdische Fotografin Yva die Modefotografie mitbegründet. Legendär ist die Holztreppe, die es im 4. zum 5. Stock gab.
Steinmann: "(…) wenn Strümpfe fotografiert werden, dann braucht man immer ein Stilmittel, um das Bein zu zeigen. Und dazu bietet sich wunderbar eine Treppe an."
Und weil von Yva weit mehr als nur die Treppe berichtenswert ist, hebt der wunderbare Stadtführer Carl-Peter Steinmann sein Buch hoch und zitiert:

"1936 bewirbt sich ein junger Mann bei Yva, der zum Schrecken seiner Eltern gerade aus der American School of Berlin - einer teuren Privatschule im Grunewald - rausgeworfen wurde, und der unbedingt bei ihr seine Ausbildung zum Fotografen machen möchte. Er ist damals 16 Jahre alt, und hört auf den Namen Helmut Neustädter. (….) Sein Vater, ein Knopffabrikant, war damals überhaupt nicht begeistert vom Berufswunsch seines Sohnes. Er sagte: 'Du endest doch nur in der Gosse. Denkst an nichts, außer an Mädels und an Fotos.'"
Zwei Jahre erlernt Helmut Neustädter bei Yva das Handwerk der Fotografie. Und zahlten damals üblicherweise die Eltern noch ein Lehrgeld, so verzichtete Yva wegen der Begabung des Jungen nicht nur bald darauf, sondern…
Steinmann: "…zahlte dem Jungen, wenn auch nur ein geringes Taschengeld."
Ins Exil als Helmut Newton
1938 musste die Fotografin die Arbeit in der 4. Etage des Hauses aufgeben, und sich den unerträglichen Bedingungen der Nazis beugen. Helmut Neustädter gelingt die Flucht.
Steinmann: "Er geht zuerst nach Singapur, und später nach Australien. Von nun an nennt er sich Helmut Newton, und es beginnt seine Karriere als Frauenfotograf. In mehreren Interviews bezeichnete Helmut Newton seine Lehrzeit in der Schlüterstraße als die glücklichste Zeit seines Lebens."
Helmut Newton lebte in Los Angeles, Paris und später in Monaco. Er war der Fotograf so berühmter Zeitschriften wie der Vogue in der amerikanischen, französischen, italienischen und deutschen Ausgabe. 1976, als Helmut Newton bereits 56 Jahre alt war, gab er den Bildband "White Woman" heraus, der bis heute legendär ist, und kurz nach der Veröffentlichung mit dem renommierten Kodak-Fotobuchpreis ausgezeichnet wurde. Die Aktfotografien darin haben auch heute noch eine enorme Wirkung auf den Betrachter, sagt Matthias Harder, Kurator der Helmut Newton-Foundation, die in Berlin seine Arbeiten zeigt.
"Die Verweildauer vor den Bildern von Helmut Newton hier im Museum ist sehr lange. Länger als möglicherweise in anderen Museen. (…) Das heißt, (...) die Menschen sind weiterhin von ihm und seiner Bildsprache berührt."
Rückkehr nach Deutschland für ihn unmöglich
Nicht alle. Immer wieder wurde Helmut Newton auch wegen der Aktfotografien angegriffen, manchmal von Feministinnen wie Alice Schwarzer oder in Diskussionen. Er reagierte souverän.
Frage: "Sind Sie Fotograf oder Künstler? "
Newton: "Für mich in der Fotografie gibt's zwei dreckige Worte: eines ist Kunst und das andere ist guter Geschmack."
Die Erinnerungen an den braunen Terror lasten schwer auf Helmut Newton. Wieder nach Deutschland, nach Berlin, zurückzukommen, ist ihm unmöglich. Besonders auch, als er hört, was mit seiner ehemaligen Lehrherrin und deren Mann geschehen war.
Steinmann: (...) Als am 1. Juni 1942 die Gestapo vor der Wohnungstür steht, werden beide verhaftet. (...) 1944 werden beide für tot erklärt.
Ein Hotelzimmer im Bogota trägt seinen Namen
Und doch führt Helmut Newton der Weg zurück, auch zurück ins Hotel Bogota, das nach der Hauptstadt Kolumbiens benannt wurde, weil der jüdische Besitzer dort Zuflucht vor den Nazis fand.
Steinmann: "(...) Und 2002 steht er auf einmal in der Hotelhalle. Er wollte den Ort mal sehen, wo er seine Lehre gemacht hat. Und Herr Joachim Rissmann, der heutige Hotelchef, war also gerade unten an der Rezeption, und erkannte ihn sofort. Er ist auch begeisterter Fotograf. (...)"
Sogar ein Zimmer wurde nach Helmut Newton benannt, sagt der ehemalige Hotelier des Bogota, Joachim Rissmann:
"Er hat hier nie geschlafen. Das Helmut Newton-Zimmer ist nach ihm benannt worden, weil es sich im Studio von Yva befand."
Steinmann: "(…)und dann ging man nach oben, und dann war Newton offensichtlich sehr geplättet, dass hier an ihn und an seine Lehrmeisterin gedacht wird, und man hier diese Ausstellung machte. (...)."
In der Nacht vom 23. zum 24. Januar 2004 stirbt Helmut Newton bei einem Verkehrsunfall in Los Angeles. Dort ist er aber nicht begraben, sondern auf dem Künstlerfriedhof in Berlin-Friedenau.
Mehr zum Thema