"Por-Yes"-Aktivistin zur Kritik an #MeToo

Anderer Sexualitätsbegriff der älteren Generation

Catherine Deneuve auf der Paris Fashion Week bei der Eröffnung des Louis Vuitton Vendome Shop
Catherine Deneuve: Die Freiheit, jemanden anzumachen © Pierre Teyssot / MAXPPP
Laura Méritt im Gespräch mit Gesa Ufer · 10.01.2018
Es müsse weiter "eine Freiheit geben, jemanden anzumachen", verlangen hundert Französinnen. Ihr offener Brief schlägt hohe Wellen inmitten der #MeToo-Debatte. An einer Stelle gingen die Unterzeichnerinnen aber zu weit, findet "PorYes"-Aktivistin Laura Méritt.
In dem offenen Brief, der in der französischen Zeitung "Le Monde" erschienen ist, fordern unter anderen die Schauspielerin Catherine Deneuve und die Autorin Catherine Millet, es müsse weiter eine Freiheit geben, jemanden anzumachen. Die #MeToo-Debatte schieße über das Ziel hinaus und arte zur Denunziationskampagne gegen Männer aus, außerdem spiele sie nur Moralaposteln und religiösen Extremisten in die Hände.

"Vielleicht ein Generationending"

Laura Méritt ist eine Repräsentantin der sogenannten "PorYes"-Kampagne, die sich für eine positive Darstellung von Pornografie und speziell weiblicher Sexualität einsetzt. Wir haben Sie gefragt, was diese hundert Frauen eint:
"Es ist ein bisschen schwer zu sagen. Aber was mir scheint ist, dass es auf der einen Seite ein bisschen ein Generationending ist, dass eben diese ältere Generation doch noch mit einem anderen Sexualitätsbegriff aufgewachsen ist. Und dass die mit Sexualität auch verbinden, dass Männer aktiv sind, auch durchaus bis zur überschreitenden Aktivität, und Frauen sich eher anmachen lassen."
Auch der Genderbegriff sei bei dieser Generation noch sehr stark in Mann und Frau aufgeteilt, was sich aber inzwischen doch sehr geändert habe.
"Wir leben ja jetzt doch in einer anderen Kultur, in einer anderen Generation, wo vor allen Dingen auch Männer sehr gut damit umgehen können, die neue Generation zumindest, dass miteinander verhandelt wird, auf was man denn überhaupt Lust hat."

Über Charme, Anmache und klare Grenzen

Die Unterzeichnerinnen schreiben, sie fürchteten sich vor einem Klima, das Folge einer puritanischen Säuberungswelle sein könnte. Méritt sagt dazu:
"Das ist erstmal eine kleine Note, die sofort kommt, wenn eine Bewegung etwas stärker wird. Dann wird sofort gesagt: 'Oh, und jetzt dürfen wir gar nichts mehr sagen, wir dürfen nicht mehr flirten, man darf nicht mehr eine andere Person toll finden'. Das ist sicherlich total übertrieben. Es geht einfach darum, dass es keine Übergriffe geben soll, und da haben sich die Frauen alle ja auch eindeutig ausgesprochen, dass sie gegen sexuelle Gewalt sind."
Méritt sagt, ein Blick, ein Blick zurück, ein Lächeln, das sei ja alles in Ordnung.
"Aber sobald es in eine Ansprache geht, da heißt es ganz klar, dass Frauen auch sagen können, 'Nein, das möchte ich nicht'."
Anmache, Flirt, Galanterie wolle niemand abschaffen. Und das schöne französische Wort "charmant sein" heiße ja auch, höflich zu sein. Gerade beim Stichwort Höflichkeit, so Merrit, lasse sich allerdings wieder feststellen, wie die Geschlechterrollen sich gewandelt hätten. Der aktive Mann und die sich hofieren lassende Frau, diese Rolle werde nur noch in bestimmten Kreisen kultiviert.
In Zukunft gehe es vor allem darum, dass alle Geschlechter zu allen Sexualitäten miteinander sprechen und sprechen dürfen, um Übergriffe zu vermeiden.
Aus ihrer Sicht gingen die Unterzeichnerinnen an einer Stelle eindeutig zu weit, sagt Méritt:
"Wie in dem Brief ja auch gesagt wird, da soll die Hand aufs Knie gehen, das geht halt nicht."
(mf)
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