Polnische Filmschau in Berlin

Mutige Konfrontationen

Die polnische Filmemacherin Agnieszka Holland zu Gast bei Deutschlandradio Kultur
Stargast war die polnische Filmemacherin Agnieszka Holland © Sven Crefeld / Deutschlandradio Kultur
Von Jörg Taszman |
Die Vielfalt des polnischen Films zeigt das in Berlin stattfindende Festival "filmPOLSKA 2015". Angereist sind die Starregisseurin Agnieszka Holland oder Andrzej Wajda mit seinem Werk "Walesa". Doch auch bei den weniger bekannten Filmemachern sind Entdeckungen zu machen.
Weltweit hat "IDA" ein Millionenpublikum erreicht. Dieser auch optisch so bestechende Film über eine junge Novizin im Polen der 60er Jahre, die von ihrer kommunistischen Tante erfährt, dass sie Jüdin ist, rückte Polen zurecht wieder in den Fokus des Weltkinos.
Regisseur Pawel Pawlikowski ist ein Weltbürger, der in Polen und England aufwuchs, diverse Sprachen beherrscht und auch für die Universalität polnischer Filmemacher steht.
"Überall, wo ich war, ist er sehr gut angekommen, auch weil er so universell und formell so spezifisch ist. Und er ist ein bisschen anders als andere Filme."
Der Stargast ist Agnieszka Holland
Nach Berlin reiste Pawel Pawlikowski diesmal nicht. Und so war der Stargast beim Festival "filmPOLSKA 2015" eindeutig Agnieszka Holland, die wie so viele polnische Filmemacher in den 70er- und 80er-Jahren ihre Heimat verließ, und auch im Westen, in Deutschland, in Frankreich und in den USA Filme drehte.
In ihren Filmen hat sich Agnieszka Holland, die sich selber als einen politischen Menschen bezeichne, oft mit historischen Themen befasst, besonders mit der schwierigen und komplexen Beziehung zwischen Deutschen und Juden und Polen und Juden. Daher ordnet sie auch den Trend zu geschichtlichen Themen im aktuellen polnischen Kino der letzten Jahre treffend ein.
"Es sind weniger politische als historische Filme und die Auseinandersetzung mit der eigenen Identität. Vielleicht sind nicht alle Filme aufrichtig oder gelungen, aber in den meisten Werken versuchen die Filmemacher sich ernsthaft mit der polnischen Geschichte zu befassen, jetzt wo der Redefreiheit keinerlei Schranken mehr auferlegt sind. Es gibt dann auch eine neue und mutige Konfrontation mit den dunkleren Seiten der polnischen Geschichte."
Andrzej Wajdas Film "Walesa"
Zu den Entdeckungen gehören dann zwei ganz unterschiedliche Film. Da ist zunächst der letzte Film von Altmeister Andrzej Wajda, der mit "Walesa" dem Arbeiterführer aus Danzig ein respektvolles, aber nicht glorifizierendes Biopic widmete. Man sieht auch den Privatmann Walesa, der nicht immer wusste, wie er sich verhalten sollte.
Der erst 33-jährige Regisseur Jan Komasa hat sich mit seinem umstrittenen, aber hoch interessantem "Warschau 44" an einer modernen, epischen Trauerarbeit versucht. In seinem Film über den Warschauer Aufstand rückt der Filmemacher vor allem junge, idealistische Freiheitskämpfer in den Vordergrund, die naiv und romantisch begeistert gegen die übermächtige Vernichtungswalze der Deutschen kämpften - mit schrecklichen und tragischen Konsequenzen.
Der sehr modern erzählte Film nimmt Anleihen bei Tarantino, arbeitet bewusst mit Anachronismen und wurde in Polen sehr zwiespältig aufgenommen. Dennoch bleibt zumindest der Versuch, die tragische und leidvolle, polnische Geschichte auch mit anderen ästhetischen Mitteln zu erzählen.
Das Meisterstück "Papusza - Die Poetin der Roma"
Und genau diese Vielfalt der filmischen Form, die Suche nach passenden Bildern für eine Geschichte zeichnet dann auch ein wirkliches Meisterstück aus: den Film "Papusza - Die Poetin der Roma" des leider verstorbenen Regisseurs Krzystof Krause und seiner Partnerin und Ko-Regisseurin Joanna Kos-Krauze.
Das in bestechend-schönen Schwarzweißbildern gedrehte Werk rückt das Leben der Roma Dichterin Bronislawa Wajs, genannt Papusza in den Mittelpunkt. Es geht dabei auch um die Freiheit, anders zu leben, nicht sesshaft zu werden. Und um die Rolle einer Roma, die schon weil sie lesen und schreiben kann, schnell zur Außenseiterin wird. Der Film beginnt in der K.U.K Zeit und endet in den trüben 1970er Jahren im kommunistischen Polen. Krzysztof Ptak gehört zu den ganz großen, polnischen Kameramännern. Er erläutert sein Konzept und den Grund, warum der Film auf Schwarzweiß gedreht wurde.
"Und uns hat keine Farbe gefallen, weder sehr gesättigt noch weniger gesättigt. Ich habe verschiedene Techniken ausprobiert. Da die Welt der Roma ja an sich sehr farbig und sehr bunt ist, war es zu viel und zu übersättigt. Dadurch ging das Drama der einzelnen Personen der Charaktere unter. Und so hatten wir keine Wahl. Der Film musste auf Schwarzweiß sein."
Auch schwarze Komödien und Horrorfilme sind dabei
Papusza kommt Anfang Mai in die deutschen Kinos. Und die Macher des Festivals erhoffen sich natürlich, dass es in Zukunft mehr polnische Filme auch außerhalb des Festivals im Kino auf DVD und im deutschen Fernsehen zu sehen gibt. Wer "IDA" gesehen hat und mochte, kann so noch weitere Filmentdeckungen bei "filmPOLSKA 2015". Die ganze Bandbreite umfasst auch schwarze Komödien und sogar abgefahrene Horrorfilme.
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