Podcast-Producer

Die leisen Menschen hinter den Erfolgspodcasts

44:16 Minuten
Das Bild zeigt eine Hand, die einen Schieberegler auf einem Mischpult bewegt.
Mehr als nur Regler schieben: Podcast-Producer übernehmen oft redaktionelle, technische und dramaturgische Aufgaben zeitgleich. © Unsplash / Drew Patrick Miller
Von Anna Bühler, Heiko Behr und Carina Fron · 10.04.2020
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Sie sind selten zu hören, aber ohne sie geht es nicht: Maria Lorenz produziert den Interviewpodcast "Alles gesagt" von "Zeit Online". Tim Howard ist ausführender Produzent des US-Podcasts "Reply All". Welche Rolle spielen sie für die Produktionen?
Maria Lorenz gilt als eine der erfolgreichsten Podcast-Produzentinnen in Deutschland - vor allem im Bereich von Gesprächspodcasts. Ihre Firma "Pool Artists" betreut momentan rund 35 Podcasts, darunter auch diverse Produktionen für Medien wie beispielsweise "Zeit Online", "Stern" und "Antenne Bayern".
Bei solchen Auftragsproduktionen folgt Maria Lorenz vor allem ihrem Geschmack als Podcast-Liebhaberin: "Wir sind schon oft mit Kunden nicht zusammengekommen, weil sie eine andere Idee davon hatten, was sie machen wollen, als wir es liefern können. Wir haben ja auch einen gewissen Stil."

"Alles gesagt": Abtauchen in lange Gespräche

Was ist die optimale Länge für eine Podcast-Episode? Die Frage entscheidet beim Podcast "Alles gesagt" von "Zeit Online" nicht die Podcast-Produzentin Maria Lorenz – sondern die Gäste des Interviewformats. Die Aufnahme endet erst dann, wenn der Gast das per Codewort ausspricht.
Das bedeutet auch, dass eine Episode von "Alles gesagt" auch über acht Stunden dauern kann, wie beim Interview mit Youtuber Rezo oder minutenlange Gespräche über Kuchen beinhaltet, wie beim Gespräch mit dem Musiker Herbert Grönemeyer.
Die Gespräche zwischen den beiden Moderatoren Zeitmagazin-Chefredakteur Christoph Amend und Zeit-Online-Chefredakteur Jochen Wegner und ihren Gästen wirken sehr authetisch. Die Hörerinnen und Hörer können miterleben, wie sich die Gäste im Laufe der Zeit immer mehr entspannen, die Atmosphäre und Dynamik des Interviews sich mit der Zeit verändern – aber auch, wie anstregend so lange Gespräche sein können.
Der Vorteil der Ausführlichkeit und des Settings von "Alles gesagt": Das Podcast-Publikum kommt den prominenten Gästen vergleichsweise nah und bekommt viel Zeit mit ihnen, zur freien Einteilung.

US-Podcast "Reply All": Eine Hochglanz-Produktion

Ein Podcast über das Internet - so die bescheidene Selbstbeschreibung des US-Podcasts "Reply All". Seit 2014 kümmern sich die beiden Hosts PJ Vogt and Alex Goldman aber nicht nur um skurile Technik-Probleme ihrer Hörerinnen und Hörer. Sondern erzählen auch ungewöhnliche Geschichten, beleuchten dabei (pop-)kulturelle und gesellschaftliche Phänomene.
Die Stärke von "Reply All" liegen in der Mischung aus den dynamischen Gesprächen der Hosts, verbunden mit Reportage-Elementen, eigens komponierter Musik und minutiös aufbereiteten Erzählstrukturen.
Dass der Podcast "Reply All" so klingt und funktioniert, liegt maßgeblich an Tim Howard. Der Podcast-Produzent betreut nahezu alles: Von der ersten Idee, über die geführten Interviews bis hin zur Aufnahme und dem finalen Schnitt der Episoden. Mittleweile sogar von Berlin aus, während seine Kolleginnen und Kollegen weiterhin in New York arbeiten.
Besonders viel mediale Aufmerksamkeit hat der Podcast gerade erst für die Episode "The Case of the Missing Hit" bekommen. Hier wendet sich einmal mehr ein Hörer mit einer besonderen Herausforderung beim Podcast-Team: Er erinnert sich an einen Song aus seiner Jugend, kann diesen aber nirgendwo im Internet wiederfinden. Es beginnt eine eigentlich aussichtslose Detektiv-Odysee, mit vielen absurd-komischen Stationen – eine klassische Erzählweise von "Reply All".
Im "Über Podcast"-Interview spricht Tim Howard darüber, dass ihn manchmal das Gefühl beschleicht, dass die Geschichten von "Reply all" möglicherweise überproduziert sein könnten. Er sieht diese Gefahr vor allem beim Storytelling-Podcasts: "Als ein dokumentarischer Erzähler kann es einem passieren – wenn das Berichten oder die Aufnahme nicht genug sind – dass man versucht, das mit dem Skript, der Musik oder der Struktur zu kaschieren. Einfach, weil du versuchst, etwas zu kompensieren, was von vornherein nicht da war."

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