#PinkyGloves bei Menstruationsblutung

"Das braucht kein Mensch"

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Eine Hand in rosa Plastikhandschuhen streckt den Zeigefinger in die Luft.
Plastikhandschuhe wie dieser gibt es massenhaft, jetzt sollen noch mehr dazukommen. © unsplash / Diana Polekhina
Marina Wolfschaffner im Gespräch mit Massimo Maio · 14.04.2021
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Einweghandschuhe gibt es immer noch zu Genüge, zwei Männer meinen nun, Frauen bräuchten pinke Plastikhandschuhe während der Menstruationsblutung. Autorin Marina Wolfschaffner sieht bei dieser Geschäftsidee gleich mehrere Probleme.
Zwei Männer wollen den Alltag von Frauen erleichtern. Schon das klingt nach 50er-Jahre und "Fräulein"-Welt. Es geht aber noch weiter: Diese Männer haben einen pinken Plastikhandschuh erfunden, mit dem Tampons Zitat "hygienisch und diskret" entnommen und entsorgt werden können.
"PinkyGloves" heißt diese Erfindung, die in der Start-Up-TV-Sendung "Die Höhle des Löwen" vorgestellt worden ist und gefeiert wurde. Ein Investor wolle sofort einsteigen. In der gleichen Sendung war die Geschäftsidee waschbarer Periodenunterwäsche von zwei Frauen wiederum durchgefallen. Twitter läuft nun heiß. Das sei "periodshaming", umweltfeindlich, völlig sinnlos… Es ist aber auch viel Witziges dabei.
Wir haben mit Marina Wolfschaffner darüber gesprochen, die ein Buch über die sehr erfolgreiche Menstruationstasse geschrieben hat und einen nachhaltigen Onlinehandel zur Monatshygiene betreibt.
Man könnte ja auch die Frage stellen, ob Männer sich beim Wasserlassen Einweghandschuhe anziehen sollten? Nicht nur das, sagt Marina Wolfschaffner. Es sei auch wissenschaftlich erwiesen, dass sich Männer nach dem Gang zum Urinal weniger die Hände waschen würden als Frauen. Daher wäre es, auch im Zuge der Coronapandemie, durchaus von Vorteil, wenn Männer dabei blaue Einweghandschuhe tragen würden, meint Marina Wolfschaffner.

Typisches "Mansplaining"

Aus ihrer Perspektive hätten solche "PinkyGloves" für Frauen keinerlei Vorteil, aber womöglich für die beiden Unternehmer. Für Marina Wolfschaffner handle es sich bei der Geschäftsidee zum einen um "Mansplaining". Männer vermitteln also den Eindruck, sie würden viel mehr von einem Thema verstehen als Frauen.
Zum anderen gehe es auch um die sogenannte "Pink Tax" – die "rosa Steuer". Damit werden Produkte bezeichnet, die vonseiten der Firmen nur für Frauen gedacht sind und mit einem höheren Verkaufspreis versehen werden im Vergleich zu ähnlichen oder identischen Produkten, die nur für Männer vermarktet werden, aber billiger sind.

Tabuisierung der Menstruation

Ein großes Problem sieht Marina Wolfschaffner aber in der sogenannten "Period Shaming" – der Tabuisierung der monatlichen Menstruation. "Es geht in eine ganz arge Richtung. Weil gerade Erwachsene sollten natürlich für die Teenager eine Vorbildfunktion haben, und mit solch einem Handschuh mache ich genau das Gegenteil."
Wenn man als Teenager mit der ersten Menstruation konfrontiert werde, müsse man sich erst selbst finden und mit dem eigenen Körper klarkommen, so Marina Wolfschaffner, und da würde man am Anfang vielleicht auch denken, das sei neu und ekelig.
"Gerade so ein Handschuh bestätigt diese Gefühle und diese eigentlich falschen Gefühle, dass Menstruation widerlich und dreckig ist und dass man sich vor sich selber schützen sollte, in dem man solch einen Handschuh trägt."

Aber auch wenn auf Social Media dieser Idee mit viel Kritik, Witz und Spott begegnet wird, sei es sehr traurig, dass solch eine Geschäftsidee von zwei "cis-Männern" eine so große Plattform bekommen würde, meint Marina Wolfschaffner.
Und auch wenn die ganze Aufregung um das Produkt nur Marketingzwecken dienen sollte, so vermutet Marina Wolfschaffner, dass die eigentliche Zielgruppe gar kein Interesse an solch einem Produkt haben könne. Gerade zum Thema Nachhaltigkeit seien die beiden Herren mit einem einzeln verpackten Einweghandschuh ganz weit hinten. "Das ist genau das, was wir nicht brauchen!"

(jde)
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