Pierre Boulez wird 90

    Visionär und Querdenker

    Der französische Dirigent und Komponist Pierre Boulez 2013 in Madrid.
    Der französische Dirigent und Komponist Pierre Boulez 2013 in Madrid. © dpa / picture alliance / EFE FILE / Ballesteros
    26.03.2015
    Er gehört zu den wichtigsten Komponisten der zeitgenössischen Avantgarde und prägte die Musikwelt des 20. und 21. Jahrhunderts entscheidend: An diesem Donnerstag wird der Franzose Pierre Boulez 90 Jahre alt. In Bayreuth zum Beispiel schuf er in den 70er-Jahren ein Jahrhundertereignis.
    Der letzte noch lebende Meister der Musik des 20. Jahrhunderts, der französische Dirigent und Komponist Pierre Boulez, wird am Donnerstag 90 Jahre alt. Er gehört zu den wichtigsten Komponisten der zeitgenössischen Avantgarde und hat auch als Dirigent und Kulturmanager die Musikwelt des 20. und 21. Jahrhunderts entscheidend mitgeprägt. Denn er hat die Musik des 20. Jahrhunderts auf die Spielpläne gesetzt.
    Als Komponist gehörte Piere Boulez zu einer Generation von ausgesprochen jungen Komponisten - alle Anfang 20 - die nach dem Zweiten Weltkrieg, nach der Erkenntnis, wie sehr auch die Musik von den totalitären Regimes, vom Nazismus und Stalinismus vereinnahmt und vergewaltigt wurde, einen radikalen Bruch vornehmen wollten und eine ganz andere unbelastete, freie Kunst schaffen wollten. Sie haben damals tatsächlich die Musikwelt aufgemischt, erklärt Musikredakteur Rainer Pöllmann im Deutschlandradio Kultur. Zu dieser Generation gehörten neben Boulez auch Komponisten wie Karlheinz Stockhausen, Luigi Nono und Bruno Maderna. Boulez ist einer der prägendsten und wichtigsten Komponisten dieser Generation - und der einzige, der noch lebt.
    Inzwischen ist es bald 50 Jahre her, dass er dem Kulturestablishment den Kampf ansagte und am liebsten alle alten Opernhäuser abgeschafft hätte: "Die teuerste Lösung wäre, die Opernhäuser in die Luft zu sprengen. Aber glauben Sie nicht auch, dass dies die eleganteste wäre?", fragte er 1967 kokett in einem Spiegel-Interview.
    Dieses Interview war kein Ausdruck eines generellen Pessimismus, sagt Musikredakteur Olaf Wilhelmer, der Boulez einige Zeit intensiv begleitet hat, im Deutschlandradio Kultur. Es war "Ausdruck des Pessimismus gegenüber dem Bestehenden". Boulez sei ein sehr optimistischer Mensch mit vielen Visionen, der weiß, was man dem Bestehenden noch hinzufügen kann an Institutionen. Dazu gehört zum Beispiel das Institut de Recherche et Coordination Acoustique / Musique (IRCAM), das 1978 auf Initiative Boulez' in Paris gegründet wurde.
    Eine der höchsten Musikauszeichnungen
    Schon Anfang der 50er-Jahre fand Boulez in Deutschland eine Art künstlerische Heimat, besonders bei den Musiktagen in Donaueschingen, den Darmstädter Ferienkursen für Neue Musik und beim früheren Südwestfunk in Baden-Baden. Bekannt aber wurde Boulez vor allem als bedeutender, ungewöhnlicher Dirigent. Mit dem Regisseur Patrice Chéreau schuf er 1976 in Bayreuth einen "Ring des Nibelungen", der als Jahrhundert-Ereignis galt.
    In seiner Wahlheimat Baden-Baden wurde ihm gerade die Ehrenbürgerschaft verliehen. Zudem erhielt er in diesem Jahr den Grammy Lifetime Achievement Award, eine der höchsten Musikauszeichnungen überhaupt.
    Die Staatsoper Berlin widmet Boulez das Konzertprogramm der diesjährigen Festtage (27. März bis 6. April). Mit drei verschiedenen Orchestern wird Generalmusikdirektor Daniel Barenboim eine Auswahl von Boulez-Werken aufführen. Gespielt werden Stücke vom Beginn seiner Karriere bis in die Gegenwart.
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