Philosoph Robert Spaemann gestorben

"Ohne Gott bricht das Denken zusammen"

Der Philosoph Robert Spaemann vor einer efeubewachsenen Wand
"Jeder Mensch ist selbst der Beweis, dass es eine absolute, nicht relativierbare Wahrheit tatsächlich gibt - diese lautet: Ich bin", schrieb Robert Spaemann. © dpa / picture alliance / Marijan Murat
Thorsten Jantschek im Gespräch mit Korbinian Frenzel · 11.12.2018
Sterbehilfe, Abtreibung – für Robert Spaemann indiskutabel. Die christliche Prägung seiner Philosophie fanden manche reaktionär, sagt der Journalist Thorsten Jantschek. Doch Spaemann lehnte es ab, ein Urteil darüber zu fällen, wann Leben lebenswert ist.
"Reaktionär", "Ökophilosoph" – schon zu Lebzeiten war Robert Spaemann umstritten. Nun ist der Philosoph im Alter von 91 Jahren gestorben. Sein Denken war zutiefst von der christlichen Tradition geprägt, manchen schien es deshalb aus der Zeit gefallen. Als Philosoph setzte er sich mit Gottebeweisen auseinander und beriet Papst Benedikt.
Journalist Thorsten Jantschek traf Spaemann einst und sagt über ihn:
"Er hat immer versucht, sich dem Jetzt nicht als Theologe zu nähern, sondern als Philosoph."

Philosophie wider den Mainstream

In seiner Philosophie setzte sich Spaemann mit den aktuellen Debatten um Sterbehilfe und künstliche Befruchtung auseinander. Wann beginnt Leben? Wann endet es? Und hat der Mensch das Recht zu entscheiden, wann Leben lebenswert ist und wann nicht? Dabei sei es Spaemann um eine "Ethik der Heiligkeit des Menschen" gegangen, erklärt Jantschek. Eine philosophische Position, die heutzutage aber nicht mehr dem Mainstream entsprach.
"Wir haben mittlerweile eine komplette Normenverschiebung in der Öffentlichkeit hin zu einer ’Ethik des guten Lebens’: Also, wie geht es einem Sterbenden? Wie ist ein gutes Leben bis zum Ende aufrecht zu erhalten?"
Für Spaemann stand hingegen der unbedingte Schutz des Lebens im Vordergrund. In seinem Buch "Person" habe Spaemann beispielsweise kategorial zwischen "jemanden" und "etwas" unterschieden, erklärt Jantschek. Im Gegensatz zu seinem "etwas", sei der Mensch von Anfang an bis zum Ende ein "jemand", mit Würde und einem Recht auf Leben.

Moralische Rechte von Anfang bis Ende

Jantschek betont, dass die Stärke von Spaemanns Philosophie gerade darin bestehe, in einer Zeit, in der dieses Denken brüchig geworden sei, daran festgehalten zu haben, dass der Mensch immer eine Person mit moralischen Rechten sei. Das habe auch seine Auseinandersetzung mit der öffentlichen Debatte um Sterbehilfe und Leben aus dem Reagenzglas geprägt:
"In diesen ganz fragilen Grenzsituationen, in denen man sagen kann – vielleicht ist Sterbehilfe manchmal doch geboten –, hatte er immer das Gefühl, wenn man zulässt, zu beurteilen, ob ein menschliches Leben noch lebenswert ist, dann ist man auf der schiefen Ebene und rutscht bis in die Geschichte der Euthanasie hinein."
(mw)
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