Pfandleihhäuser

Elfenbeinkettchen und Krokotäschchen sind tabu

08:50 Minuten
Schmuck und Uhren im Schaufenster eines Pfandleihhauses
Schmuck und Uhren im Schaufenster eines Pfandleihhauses © picture alliance/dpa Themendienst
Von Peter Kaiser · 26.09.2019
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Gold, Edelsteine, Brillanten: Wer Pfandleiher werden will, darf sich beim Wert nicht verschätzen. Dann braucht man noch einen Gewerbeschein - das war's. Doch Wertgegenstände, die unter Tierschutz stehen, dürfen nicht beliehen werden.
Es hat vor noch nicht allzu langer Zeit einen enormes Wachstum bei den rund 200 deutschen Privatpfandbetrieben gegeben. Und wie ist es heute? Joachim Struck vom Zentralverband des Deutschen Pfandkreditgewerbes meint: "Das Pfandleihgewerbe erlebt im Moment keinen Boom, sondern ein stetiges, leichtes Wachstum. Das wundert uns gar nicht, da wir immer noch eine fast Null-Prozent-Finanzierung überall haben."
Dennoch: Ein Pfand zu kaufen, 25 bis 50 Prozent des Gegenstandswertes auszuzahlen, dabei Gebühren und Zinsen zu berechnen - all das kann sich offenbar lohnen. Nur elf Minuten Lesezeit braucht es, um sich im Internet schlau zu machen, wie man zum Pfandhaus-Betreiber wird.

Schritt 1: Eine Ausbildung für Pfandleiher gibt es nicht

Sylvia Wittemaier-Weiß: "Pfandleiher ist ja kein Lehrberuf in dem Sinne, sondern ein Anlernberuf. Man kann das als Quereinsteiger nutzen, und sich die Kenntnisse aneignen. Im Endeffekt kann jeder, der es möchte und sich dazu bemüßigt fühlt, ein Leihhaus eröffnen."
Schon Inhaberin Sylvia Wittemaier-Weiß' Großeltern, Georg und Meta Rennow, waren von Beruf Pfandleiher. Sie gründeten 1937 das Pfandleihhaus in Berlin-Friedenau. Doch wenn es auch keine Ausbildung gibt, etwas Know-How muss man schon mitbringen.

Schritt 2: Erfahrung beim Schätzen von Wertgegenständen

"Man muss schon lernen. Auf jeden Fall die Grundbegriffe, was den Schmuck angeht. Das Entscheidende in dem Gewerbe ist ja, den richtigen Beleihungswert zu ermitteln. Also die Beleihungstaxe schlechthin. Sie darf nicht zu hoch sein, sie darf nicht zu niedrig sein. Der Kunde soll natürlich auch zufrieden gestellt werden. Edelsteinkunde sollte man auch etwas intus haben. Und natürlich die grundlegenden Sachen, wie man das Gold unterscheidet, wie man Brillanten prüft. Die Praxis ist ein Lehrmeister, der ist mit nichts zu überbieten."
"Das Einfachste und allgemein gültige Parameter ist ja Angebot und Nachfrage regelt den Markt. Und da ist es auch so, dass wir uns auch das Internet zunutze machen, dass wir nachgucken, wie liegt zum Beispiel Uhrmodell XY derzeit auf dem Markt preislich. Und dann müssen wir natürlich etwas abrechnen, das ist ja der Sicherheitsnachlass, den wir machen müssen, den ja auch jede Bank machen muss, bei der Beleihung eines Grundstücks zum Beispiel. Und so machen wir das auch bei der Beleihung des Faustpfandes, dass wir einen kleinen Teil natürlich abziehen müssen, und im Endeffekt aufgrund des Neupreises abzüglich dieser Sicherheitssumme ermittelt sich dann der Beleihungswert."
Doch wer kommt wann mit was in ein Pfandleihhaus? Und gibt es Moden, eine Zielgruppe?

Schritt 3: Fingerspitzengefühl und Empathie von Vorteil

Sylvia Wittemaier-Weiß: "Zu Zeiten meiner Großeltern war es so, also nach dem Krieg, man hat eben Anzüge beliehen, Schuhe beliehen, Bettwäsche. Das waren die Werte, die man damals hatte. Ende der 60er, 70er Jahre war es dann der Radiorecorder, also Schmuck immer, und dann waren es auch Mixer, Toaster, die man noch beliehen hat. Heute sind ja Toaster und Eierkocher Wegwerfartikel. Und dann gab es eine Zeit, wo viele Leihhäuser ausschließlich Schmuck beliehen haben. Das war in den 80er-, 90er-Jahren. Das Pfandleihhausgewerbe ist absolut der Spiegel der Wirtschaft."
Und zunehmend kommen junge Leute, deren Smartphone sie in die Bedrouille gebracht hat, sagt Tochter Nina Weiß, die das Pfandhaus nun in der vierten Generation führt.
Doch was geht gerade, und was geht gar nicht als zu verpfändender Wertgegenstand? "Schmuck generell, Uhren, Ketten, Münzen, natürlich auch sehr viel Technik. Technik wäre zum Beispiel iPhone, iPad, zum Beispiel hochwertige elektrische Werkzeuge. Oder eine Hermes-Handtasche, Dior, Prada, Gürtel, Seidenschals.
Was wir aber zum Beispiel nicht beleihen, das sind Dinge, die unter Tierschutz stehen, wie Elfenbeinzähne. Also da sind uns einfach die Hände gebunden, was ich auch richtig finde. Also da geht eben auch das kleine Elfenbeinkettchen nicht. Also Kroko-Täschchen beleihen wir auch nicht, es sei denn, der Kunde legt die CITES-Bescheinigung vor. Das heißt, dass zum Beispiel die Kroko-Handtasche registriert ist, und dass ein aus der Zucht gestorbenes Tier verarbeitet wurde. Das ist aber dann legitimiert mit einer eingenähten Nummer, die sich auf der Bescheinigung wiederholt."

Schritt 4: Gewerberechtliche Anmeldung

"Rein rechtlich benötigt der Pfandleiher eine Gewerbeerlaubnis vom zuständigen Ordnungs- oder Landratsamt. Diese ist aber zu erteilen, wenn der Bewerber nicht vorbestraft ist, und keine Steuerschulden hat und über das genügende Eigenkapitel verfügt."
Gerade geht es den meisten Pfandleihhäusern ganz gut. Doch wie wird es in Zukunft sein? Besonders vor dem Hintergrund, dass das Bargeld abgeschafft werden soll. Wie kommen dann die Kunden an das dringend benötigte kleine Geld?
Nina Weiß: "Ich denke mal, dass das Pfandleihgewerbe sich dahingehend revolutionieren wird, dass alles online wird. Und dann muss man schauen, was passiert. Noch gibt es ja Bargeld, aber es soll ja in naher Zukunft abgeschafft werden. Und da muss man nach Alternativen sehen. Sei es, dass es einen Pfand-Coin gibt. Aber ich denke, dass das Geschäft bestehen bleibt und die Pfandleihgegenstände sich der Zeit anpassen werden."
Keine Schufa, keine Fragen, keine Bescheinigungen, nur der Ausweis. Auch das macht Pfandleihen so attraktiv. Gestern, heute und morgen.
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