Pep Guardiola

Der Poet und sein Spielmacher

Trainer Pep Guardiola vom Fußball-Bundesligisten FC Bayern München spricht am 31.03.2014 auf der Abschlusspressekonferenz im Teamhotel in Manchester.
Trainer Pep Guardiola vom Fußball-Bundesligisten FC Bayern München gibt sich poetisch. © dpa / Andreas Gebert
Von Noemi Schneider  · 01.07.2015
Miquel Martí i Pol gehört zu den meistgelesenen Dichtern Kataloniens, 1999 wurde er für den Literaturnobelpreis nominiert. Der berühmteste katalanische Trainer ist Pep Guardiola, derzeit in Diensten des FC Bayern. Er lieh in München den Versen seines Dichterfreundes seine Stimme.
Für den Spielmacher stand an diesem Abend der Poet im Vordergrund. Der Moderator Michael Ebmayer nahm im Gespräch mit Pep Guardiola allerdings immer wieder Bezug auf den Fußball. Obwohl Guardiola die Frage, was Fußball mit Poesie verbinde, entschieden mit "Fußball sei etwas vollkommen anderes als Poesie" beantwortete.
Und auch mit einem anderen Mythos räumte der Trainer an diesem Abend auf: Dass er die Spieler des FC Barcelona mit Martí i Pol Gedichten in der Umkleidekabine motiviert habe. Das habe er nie.
Die Lyrik seines Landsmannes ist für Guardiola kein Publicity-Event. Er leiht seinem 2003 verstorbenen Freund Martí i Pol nur die Stimme und hört andächtig zu, während der Schauspieler Tomas Loibl Martí i Pols Gedichte in der deutschen Übersetzung rezitiert.
"Selbstbildnis mit 67 Jahren
Der Kopf, seine Last, hat mir den Rücken gekrümmt
und die Brust ausgehölt. Unaufdringlich
dafür muss man dankbar sein – bekommt der Bauch
die Rundung, wie ihn Handbücher vorschreiben."
Miquel Martí i Pol gehört zu den meistgelesenen Dichtern Kataloniens, 1999 wurde er für den Literaturnobelpreis nominiert.
"Worte im Wind" war sein erster Gedichtband
Geboren 1929 in einfachen Verhältnissen, als Sohn einer Fabrikarbeiterin in einem kleinen Dorf in den Pyrenäen. Martí i Pols Kindheit und Jugend ist vom spanischen Bürgerkrieg und der Franco-Diktatur geprägt, einer Zeit, in der die katalanische Kultur und Sprache massiv unterdrückt wurden.
Mit 14 beginnt Martí i Pol in einer Textilfabrik zu arbeiten, mit 19 erkrankt er schwer an Tuberkulose. Während eines einjährigem Aufenthalt in einem Sanatorium beginnt er, Weltliteratur zu lesen: Zola, Flaubert, Saint-Exupéry, die er später ins Katalanische übersetzt.
Seine Große Liebe gilt jedoch der Lyrik. "Worte im Wind" hieß sein erster Gedichtband, der 1955 veröffentlicht wird. Nebenbei arbeitet Martí i Po allerdings weiter in der Fabrik.
"Elionor war
vierzehn Jahre und drei Stunden alt,
als sie zu arbeiten anfing.
... Sie trug Zöpfe
und sagte: und "
Vor allem zu Beginn seines literarischen Schaffens steht der harte Überlebenskampf der Arbeiterklasse im Mittelpunkt seines Werks, in den 70er-Jahren ist der Dichter auch in der sozialistischen Partei aktiv.
Mit 40 erkrankt er schwer an Multipler Sklerose, er wird frühverrentet und ist an den Rollstuhl gefesselt, seine Stimmbänder sind gelähmt, der Dichter kann nur noch die Lippen bewegen.
Der schwerkranke Lyriker und der junge Spielmacher
Zwischen dem schwerkranken Lyriker und dem jungen Spielmacher des FC Barcelona entwickelt sich Anfang der 90er-Jahre eine tiefe Freundschaft. Bei ihren Begegnungen bittet der Dichter den Spielmacher ihm seine Gedichte vorzulesen um sie hören zu können und seither leiht ihm Guardiola die Stimme.
"Schlusspunkt
Ich verlasse alles
weihe aber Licht ein
Ich werde einen Schritt weitergehen und vor mir fliehen um den Eindruck einer Sehnsucht zu bewahren von der ich weiß, dass sie mich nie verlassen wird. Die Güter zu verlieren, verleiht mir Freiheit. Der Spiegel zerbrach in tausend Stücke und in jedem sehe ich mich grenzenlos."
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