Pegida

Nichts rechtfertigt diesen Galgen

Auf einer Kundgebung der fremdenfeindlichen Pegida-Bewegung in Dresden am 12.10.2015 hält ein Demonstrant einen Galgen hoch, an dem zwei Schilder hängen. Darauf steht "Reserviert für Angela Merkel" und "Reserviert für Siegmar Gabriel".
Ein Pegida-Demonstrant würde Kanzlerin Merkel und Vizekanzler Gabriel offensichtlich am liebsten am Galgen sehen. © picture alliance / dpa / Markus Schreiber
Von Nadine Lindner · 13.10.2015
Jetzt helfe nur noch verbale Abrüstung, meint Nadine Lindner in ihrem Kommentar zur Galgen-Bastelei eines Dresdner Pegida-Demonstranten. Wo mit der Vernichtung des politischen Gegners gedroht werde, sei die Demokratie in Gefahr.
Ist es nur eine lächerliche Bastelarbeit oder ist es die öffentliche Aufforderung zu einer Straftat? Mit dieser Frage muss sich nun die Staatsanwaltschaft Dresden befassen.
Auch wenn es nur eine kleine Holzinstallation war, die fast zerbrechlich wirkt. Die Symbolik ist eindeutig: "Wir wollen euch hängen sehen, weil uns eure Politik nicht gefällt."
Diese Aussage bleibt bestehen, egal, ob der Galgen 1,20 Meter oder 2,50 Meter hoch ist.
Vor wenigen Tagen hat sich der Chef der sächsischen Staatskanzlei, Fritz Jaeckel, im Landtag besorgt über die Art und Weise der öffentlichen Auseinandersetzung geäußert. Er sagte: "Populismus und Diffamierung greifen um sich. Da wird schnell aus Verwahrlosung im Denken eine Verwahrlosung im Handeln."
In diesem kleinen Galgen ist genau diese Verwahrlosung wie unter einem Brennglas zu sehen gewesen. "Wir würden euch gern umbringen, weil ihr eine andere Politik vertretet, als die, die wir wollen."
Morddrohung gegen Gabriel wegen TTIP
Das ist ein Warnsignal, denn es widerspricht dem Verständnis von Pluralismus und Demokratie nach dem man sich herzhaft zerstreiten kann über politische Fragen, aber dennoch die körperlichen und geistigen Unversehrtheit des anderen jederzeit respektiert.
Es ist ebenso erschreckend, wenn nur wenige Tage vorher auf der Groß-Kundgebung gegen TTIP offenbar eine Guillotine zu sehen war. Mit einer Warnung an Vizekanzler Sigmar Gabriel versehen. So zeigen es Fotos in den sozialen Netzwerken.
Auch hier ist die Botschaft klar: "Wenn der Vize-Kanzler etwas macht, das wir für falsch halten, dann haben wir das Recht, ihn zu köpfen."
Das offenbart eine Kompromisslosigkeit im Denken, die unsere Demokratie gefährden kann. Denn die ist auf Kompromiss, Diskurs und Ausgleich der Interessen angelegt.
Ob Galgen oder Guillotine, da geht es nicht um politischen Streit, da geht es um die Vernichtung des politischen Gegners.
Es gibt nun die Gefahr, dass sich beide Seiten, rechts wie links gegenseitig hochschaukeln. Auch weil der Austausch der Argumente nicht mehr funktioniert, als "Einheitsbrei" verstanden wird. Ein Grundverständnis, dass es auch, aber nicht nur bei Pegida gibt und das sagt, dass alle Parteien sich eh nicht unterscheiden.
Leidenschaft, aber auch kühler Kopf
Nun hilft nur noch die verbale Abrüstung. Dringend! Positiv gesprochen gibt es bei vielen Menschen in Deutschland das Interesse, sich leidenschaftlich mit gesellschaftlichen Fragen zu befassen. Ob es nun das Freihandelsabkommen oder die Flüchtlingspolitik ist. Behalten wir die Leidenschaft bei, aber kehren wir zu den Worten zurück. Mit einem kühlen Kopf. Oder um auf die Worte von Staatskanzleichef Fritz Jaeckel zurückzukommen: Es darf keine Verwahrlosung geben, nicht im Denken, nicht im Handeln.
Ich möchte auf den nächsten Demos, egal zu welchem Thema, keine blutrünstigen Installationen oder Gewaltaufrufe mehr sehen.
Nichts rechtfertigt es, dem politischen Gegner totale Vernichtung anzudrohen.
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