Patrice Nganang: "Spur der Krabbe"

Das Schweigen brechen

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Auf orangefarbenem Pastelluntergrund ist das Cover des Buches "Spur der Krabbe" zu sehen.
Aufschlussreicher Einblick in die Geschichte und Kultur Kameruns: Die "Spur der Krabbe". © Deutschlandradio / Peter Hammer Verlag
Von Birgit Koß · 13.04.2021
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Ein ehemaliger Untergrundkämpfer erzählt von der Zeit nach der Unabhängigkeit Kameruns. Damals gab es einen Genozid an den Bamileke, der bis heute kaum bekannt ist. Es ist der letzte Band einer Trilogie über das Heimatland des Autors Patrice Nganang.
New Jersey, 2013. Der Literaturprofessor Tanou Nithap hat zum ersten Mal Besuch von seinem kamerunischen Vater Sakio. Der alte Mann bleibt lange, macht sich vertraut mit dem Land und Tanous Nachbarn.
Das Verhältnis zwischen Vater und Sohn ist durch langjähriges Schweigen gekennzeichnet. Doch ein Spektakel zur Erinnerung an den amerikanischen Bürgerkrieg löst endlich die Zunge des Vaters. Er beginnt zu erzählen.

Die Besonderheiten der kamerunischen Kultur

Und der Sohn schreibt die Geschichte seines Vaters als Roman auf. Dabei erklärt er in ausführlichen Fußnoten die Besonderheiten der kamerunischen Kultur. Wir erfahren unter anderem viel über Medumba, eine der Sprachen der Bamileke, die im Nordwesten Kameruns leben, aber auch über Pidgin und Camfranglais. Letztere sind Umgangssprachen, die besonders von den Untergrundkämpfern gesprochen werden.
Sakio Nithap arbeitet Ende der 50er-Jahre in Bangwa als Krankenpfleger und Arzt in einem französischen Krankenhaus. Eines Tages wird er von Untergrundkämpfern entführt, kann aber einen verwundeten Anführer retten und wird dafür frei gelassen. Doch im Dorf gilt er in fortan als Verräter. Um einer drohenden Verhaftung zu entgehen, schließt er sich der UDF an, einer Partei und Bewegung für die Unabhängigkeit Kameruns, deren Kennzeichen eine Krabbe ist – daher der Name des Romans.

Anspruchsvoll und aufrüttelnd

Sakio Nithap erzählt, wie nach der Unabhängigkeitserklärung die Bewegung von der Regierung brutal bekämpft und über der Region, in der die UDF agiert, Napalmbomben abgeworfen werden. Dabei werden viele Dörfer der Bamileke dem Erdboden gleich gemacht, die Bevölkerung ermordet.
Der Roman zeigt, wie verbrecherisch die erste unabhängige Regierung Kameruns mit Unterstützung der ehemaligen Kolonialmacht Frankreichs agierte. Ein anspruchsvoller, aufrüttelnder Roman, der tief in die Verwerfungen der Geschichte Kameruns blicken lässt.

Patrice Nganang: "Spur der Krabbe"
Aus dem Französischen von Gudrun und Otto Honke
Peter Hammer Verlag, Wuppertal 2021
488 Seiten, 26 Euro

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