Pater Anselm Grün

Was wir von Mönchen für die Quarantäne lernen

07:51 Minuten
Anselm Grün hat eine Halbglatze, trägt das weiße Haar schulterlang und hat einen langen Vollbart. Er hat die Hände vor der Brust mit den Handflächen nach unten.
Ein fester Tagesrhythmus wie im Kloster kann jetzt helfen, die Zeit der Einschränkungen zu überstehen, meint Pater Anselm Grün. © Picture Alliance / Ulrich Baumgarten
Moderation: Nicole Dittmer · 24.03.2020
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Zu Hause eingesperrt, dazu die Doppelbelastung von Homeoffice und Kinderbetreuung: Gerade jetzt brauche unser Alltag klare Strukturen wie im Kloster, sagt der Benediktinermönch Anselm Grün. Die neue Situation biete aber auch eine große Chance.
Homeoffice, Homeschooling und Kinderbespaßung – am besten alles gleichzeitig: Die kollektive Quarantäne in den eigenen vier Wänden, in die sich die Menschen in Deutschland derzeit begeben haben, ist eine Herausforderung. Wie meistert man sie?
Indem man von Mönchen lernt, empfiehlt der Benediktinermönch Pater Anselm Grün. Er hat das Buch "Quarantäne! Eine Gebrauchsanweisung" verfasst und gibt Tipps, wie man das Leben in Zeiten von Corona regelt.

Klare Strukturen wie im Kloster

"Als Mönche haben wir eine klare Struktur des Tages, geregelt durch Gebetszeiten, gemeinsame Zeiten und Zeiten, in denen jeder für sich alleine ist", schildert Grün den Alltag im Kloster. "Das braucht’s auch daheim. Dass man nicht ständig gestört wird. Sonst kann man nicht konzentriert arbeiten." Es müsse beispielsweise klar sein: Wann können die Eltern ungestört arbeiten, und wann verbringt man als Familie Zeit miteinander.
Natürlich müsse man jetzt nicht so leben wie sonst, wenn man ins Büro und in die Schule gehe. "Aber es ist gut, jeden Tag zur gleichen Zeit aufzustehen, auf die man sich geeignet hat", so Pater Grün. Ordnung und Struktur im Tag würden aber letztlich allen gut tun.
Dadurch, dass nun alle rund um die Uhr zu Hause seien, sei das Verhältnis von Nähe und Distanz gestört. Deshalb müsse man die Freiräume der Einzelnen schützen. Nötig dafür sei Disziplin.

Eine Chance, sich selbst kennenzulernen

Für die ungewohnte Situation, immer zu Hause sein zu müssen, rät Grün zur Neugierde. In seiner Zelle zu bleiben, wie die Mönche, könne einen näher zu sich selbst bringen: "Zum Menschen gehört auch, dass er sich selber kennenlernt." In dieser Situation könne man herausfinden: Wer bin ich eigentlich? Will ich so weiterleben?
Wichtig dabei, sagt Pater Grün: "Es darf alles sein. Ich bewerte mich selber nicht." Ein Weg um jetzt mehr Selbsterkenntnis zu gewinnen, sei "still zu werden, sich hinzusetzen, mal nichts zu tun und zu schauen: Was kommt dann hoch?"
(jfr)

Anselm Grün: "Quarantäne! Eine Gebrauchsanweisung"
Verlag Herder, 2020, 96 Seiten, 14 Euro

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