Panama Papers

Alles schon gewusst?

Blick auf Palmen und Schiffe im Hafen von Panama Stadt
Blick auf Palmen und Schiffe im Hafen von Panama Stadt © afp / Rodrigo Arangua
Von Ernst Rommeney · 09.04.2016
Die Panama Papers erzählen die Geschichte weiter, wie Banken mit Intransparenz die Öffentlichkeit hinters Licht und die Finanzmärkte in den Crash geführt haben, obschon sie vor der Liberalisierung versprachen, sich an Regeln zu halten, meint Ernst Rommeney.
Wir haben alles schon gewusst? Schon immer gewusst? Gewiss, die Geschichten von verstecktem Geld auf geheimen Konten klingen alt. Aber sie sind noch lange nicht zu Ende erzählt. Und aus den Panama Papers werden wohl nur einige vorläufige Kapitel geschrieben.
Sie bieten Parlamentariern und Ermittlern viele Belege für das Puzzle, aus dem sich der internationale Kreislauf aus Steuerhinterziehung, illegalen Transaktionen und Geldwäsche zusammensetzt.
All die Raubkopien aus dem Inneren der Finanzbranche, all die umfangreichen, mancherorts gefährlichen Recherchen eines weltweiten Reporternetzwerkes zeigen vor allem eins: digitale Werkzeuge helfen jene Informationen zu erhalten, die der Öffentlichkeit vorenthalten wurden.

Verstecktes Geld hintergeht Marktwirtschaft

Es geht dabei nicht nur um strafrechtliche Vorwürfe, sondern auch um ordnungspolitische Prinzipien. Demokratie und Marktwirtschaft leben von Transparenz. Intransparenz richtet Schaden an. Doch rund um das große Geld, kräftig befördert von der Finanzbranche, haben sich doppelte Standards fest verwurzelt. Spielregeln gelten, aber nicht für die Reichen, die Schönen, die Kriminellen und die Strippenzieher.
Fassungslos hört man einem Bundesverband zu, der auf der Ruine des Vertrauens in die Banken sitzend, rechtfertigt, dass Briefkastenfirmen ein durchaus sinnvolles Instrument seien könnten. Nein, das sind sie nicht. Zwar mag jede Firma noch immer einen Briefkasten brauchen, aber ein Briefkasten benötigt keinesfalls eine Firma.
Es macht vor allem ökonomisch keinen anderen Sinn, als juristisch zu tricksen. Längst sollte sich rumgesprochen haben, dass verstecktes Vermögen vor allem schlecht gemanagt ist, gerade weil der Investor seinen Zugriff anonymisiert oder verschachtelt hat. Wahrscheinlich ließe sich bei jeder Sparkasse eine bessere Rendite erwirtschaften, das Risiko, auf die Nase zu fallen, eingeschlossen.

Auch anonymes Kapital macht Notenbanken zu schaffen

Nun mag das jemanden, der zu viel Geld hat, der Fiskus oder Verwandte mehr fürchtet als Gott, nicht interessieren, erst recht nicht, wenn er das Kapital ergaunert hat. Aber die Gesellschaft interessiert es schon.
Da wird eilfertig behauptet, wären Gesetze nicht so streng und Steuern nicht so hoch, dann würde das flüchtige Kapital nicht ins Ausland wandern. Dagegen wäre nichts zu sagen, würde man es dort wiedersehen. Es fließt ja nicht einmal in die Karibik.
Nein, es wird nur scheinbar unsichtbar, zirkuliert weiter mitten unter uns, ohne dass wir es als solches erkennen. Denn die krude Logik ist, aus Ärger über die unwirtliche Heimat klammheimlich mit dem Bargeldkoffer über die Grenze zu gehen und anderntags als verdeckt operierender Unternehmer zurückzukehren, weil es ja so schön ist, hierzulande Geschäfte zu machen.
Das ärgert ja nicht nur den Steuerfahnder, das irritiert auch die Notenbanken. Denn sie können die Geld- und Kapitalströme nur grob beaufsichtigen, wenn sie eine Fülle von Transaktionen gar nicht richtig einschätzen können.

Banken verdienen an Intransparenz

Noch kurz nach der Finanzkrise gaben eingefleischte Börsianer zu Bedenken, dass Wertpapiergeschäft solle allein über ihren Handel laufen. So jedenfalls hätte das Schlimmste verhindert werden können.
Stattdessen haben sich deutsche Banken als Teilhaber der Börsenplätze verabschiedet und im Stillen ihr eigenes, nicht durchschaubares Geschäft im großen Stil aufgebaut. Zuvor hatten sie noch hoch und heilig versprochen, ihr hauseigenes Risikomanagement würde verhindern, dass liberalisierte Finanzmärkte scheiterten.
Das Ergebnis war, sie haben mit Intransparenz Geschäfte bis zum Crash gemacht, aber zugleich behauptet, so informiert und durchsichtig zu sein wie keine zweite Branche.
Nach allem sollte zumindest der Bankenverband Spitzenleute nach Hause schicken, die von Marktwirtschaft so reden, dass sich Ludwig Erhard vermutlich im Grabe umdrehen würde, könnte er die Geschichte von den Briefkastenfirmen noch hören.
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