Kinofilm

Ein Clown in Fukushima

Ein Haus, das durch den Tsunami in der Region um Fukushima zerstört wurde
Ein Haus, das durch den Tsunami in der Region um Fukushima zerstört wurde © dpa / picture alliance / Kimimasa Mayama
Von Alice Lanzke · 11.03.2016
In "Grüße aus Fukushima" spielt ein Clown die Hauptrolle: Der Film zeigt die Arbeit von Moshe Cohen, der den Menschen in Krisengebieten helfen will, indem er ihnen Heiterkeit bringt.
Japan, Fukushima, nach der Nuklearkatastrophe: Inmitten der vernarbten Landschaft kämpfen die junge Deutsche Marie und die ältere Japanerin Satomi gemeinsam gegen die Dämonen der Vergangenheit. Während Marie ihrer großen Liebe nachtrauert, kann Satomi den Tod ihrer Geisha-Schülerin nicht verwinden.
Schwere Themen, die "Grüße aus Fukushima", den neuen Film von Doris Dörrie, bestimmen. Doch bei der Premiere, die gerade während der Berlinale gefeiert wurde, herrschte auf dem Roten Teppich ausgelassene Stimmung: Grund dafür war auch der Auftritt eines kleinen Mannes, der immer wieder einen daumengroßen Plastikpinguin aus der Jackentasche zog, um ihn verwundert anzusehen. Wie viel von diesem Erstaunen Teil einer Show war und wie viel wirkliches Rätseln über das Blitzlichtgewitter, ist unklar, denn Moshe Cohen ist von Beruf Clown – der einen Ausflug ins Filmgeschäft unternommen hat:
"Das war eine spannende Herausforderung, ein tolles Erlebnis. Doris ist eine wundervolle Regisseurin, die sehr spontan mit dem arbeitet, was wir ihr geben."

Etwas Freude verbreiten

In "Grüße aus Fukushima" spielt Cohen den Clown "Moshe", der mit der Organisation "Clowns 4 Help" etwas Freude verbreiten will. Die Namensgleichheit ist kein Zufall: Die Figur basiert auf Moshe Cohens tatsächlicher Person. Seit über 30 Jahren reist er um die Welt, um gerade in Krisengebieten Menschen zum Lachen zu bringen – und das auch bei den Dreharbeiten zum Dörrie-Film:
"Ich habe nach Gelegenheiten gesucht, Leichtigkeit und Humor einzubringen – sowohl für die Filmcrew als auch generell. Deswegen waren wir und ich ja da."
Leichtigkeit ins Schwere bringen: die Lebensphilosophie von Cohen. 1981 begann der heute 59-jährige US-Amerikaner mit Shows auf den Straßen von Frankreich. Zu jener Zeit arbeitete er eigentlich noch für einen Finanzdienstleister, erkannte aber schnell seine wahre Berufung. Er kündigte seinen Job und konzentrierte sich ganz auf die Kunst des "Clowning".
"Die Leute verstehen nicht, wie alt Clowning ist, sondern haben das schlechte Bild vor Augen, das die Medien über Clowns verbreiten. Wenn man jemanden in den 30er Jahren einen Clown nannte, war das ein Kompliment, denn es bedeutete, dass du lustig bist – heute ist es eine Beleidigung und meint: Du bist ein Idiot."

Den umgearbeiteten Mantel seiner Mutter getragen

Clowning kommt für Cohen aus dem Inneren – genauso wie der Humor, der für ihn mit seinem Judentum verbunden ist. Zu Beginn seiner Karriere besuchte er einen Bühnen-Workshop: Nach zwei Wochen intensiver Arbeit sollten die Teilnehmer eine 20-Sekunden-Performance geben – und Cohen tat etwas für ihn selbst Unerwartetes:
"Was aus mir kam, war eine Überraschung: Ich hielt mich zu jener Zeit nicht für sehr jüdisch, aber nach zwei Wochen stand ich dort mit dem Gesicht zur Wand und sang das Schma, um mich dann umzudrehen und ein fröhliches jüdisches Lied zu trällern – das war eben ich! Anders kann ich es nicht sagen."
Zur Filmpremiere in Berlin trägt Cohen den umgearbeiteten Mantel seiner Mutter, die Deutschland 1938 verlassen musste. Er wollte ein Stück von ihr in das Land bringen, das sie vertrieben habe, sagt er. Ob er weitere Filme drehen werde, wisse er noch nicht – zu wichtig ist ihm seine Arbeit für "Clowns without Borders", der Hilfsorganisation, die er 1995 gründete und für die er immer noch um die Welt reist.
"Ich fühle mich verpflichtet, Lachen und Leichtigkeit in die Welt zu bringen – sei es nun als Lehrer, Performer oder eben in einem Film. Was immer ich tun kann, um Menschen aufzubauen, mache ich gerne."
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